Archiv für Kategorie HartzIV

Lebensmittelmarken für 40 Millionen Menschen

Nein, (noch) nicht bei uns.

In den USA, deren harte Linie im Umgang mit Erwerbslosen immer gerne hoch gepriesen wird. Dort läuft Arbeitslosengeldnach 26 Monaten – längstens 99 Wochen aus, danach gibt ’s nur noch Marken.

Ideale Bedingungen also, um das faule Pack wieder zum Arbeiten zu begewen, oder etwa nicht?

Der Rest steht bei Telepolis (vor ich hier den ganzen Beitrag abschreibe *hust*)

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Mutwillig arbeitsunwillig

Schon über 2 Jahre alt, aber der Vorschlag vom Pantoffelpunk muss einfach wieder ans Licht der aktuellen Öffentlichkeit gezerrt werden:

Ich habe da einen Vorschlag zu machen: Zunächst bekommt jeder Empfänger unbefristet das sogenannte ALG I.
Auf dem Antrag für Arbeitslosengeld wird aber ab morgen ein zusätzliches Kreuz zu machen sein. Der Antragsteller hat anzukreuzen, ob er

  • Typ A ist, der jede Art von Arbeit annehmen würde und dafür auch umzuziehen bereit ist,
  • Typ B ist, der nahezu jede Art von Arbeit im Umkreis von ca. 100 km
    annehmen würde, da er aufgrund sozialer Bindungen (Schule der Kinder,
    etc.) pendeln müsste,
  • Typ C ist, der nur bestimmte Arbeiten am Heimatort annehmen würde
  • oder ob er Typ D ist, der gar nicht arbeiten will.

Und erst wenn die ARGE es geschafft hat, 100% der Antragsteller Typ A in Lohn und Brot zu bringen, darf bei Typ B bis D überhaupt gekürzt werden.
Und bevor dieses Ziel nicht erreicht ist, werden alle Arschgeigen, die öffentlich von Jemandem erzählen, den sie kennen, der gar keine Lust zu arbeiten hat, weil das Leben in der Arbeitslosigkeit ja geradezu vom Staat belohnt wird, öffentlich mit Katzenscheiße beschmissen.

Aktuell muss dem natürlich hinzugefügt werden, dass in den Zielbereich der Katzenscheiße ebenfalls sämtliche Populitiker angekettet werden, die von „mutwillig arbeitsunwillig“ reden (Dobrinth, CSU-Mineralsekretär heute irgendwo im TV) oder sonst irgendwie auf den Hetz-Zug von Westerwelle aufgesprungen sind.

Was man mit letzterem machen sollte, muss ich mir allerdings noch überlegen. Katzenscheiße allein ist zu gut.

Es ist natürlich das Geschäft aller Populitiker, dennoch bin ich felsenfest der Meinung, wer die blanke wahrheitsverzerrende Unwahrheit hinausposaunt, wohl wissend, dass die Medienlandschaft zu gleichgeschaltet und duckmäuserisch geworden ist um mehr als Zitate zu verbreiten und sich für die urjournalistische Aufgabe, richtigzustellen, was falsch propagiert wurde, nur noch Blogger finden, der hat weißgott mehr respektive schlimmeres verdient als trockene Katzenköttel.

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Das kalte Knochenkotzen

Das kommt mir beim Interview in der FR mit dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Mayer. OK, Deutsche Bank könnte alles sagen, aber von Volkswirten hatte ich mir bislang mehr erhofft. Nun gut. Illusionen sind zum Verrecken da.

Einmal weiß der Mann offenbar schlicht nicht, was er will. Die deutsche Volkswirtschaft soll unproduktiver werden, aber auch nur, wenn es die Binnennachfrage stärkt. Überlebensfähige Löhne stehen dabei aber selbstredend nicht zur Debatte:

„Ich habe überhaupt nichts gegen Kombi-Lohnmodelle und bessere Zuverdienstmöglichkeiten.“

Selbst wenn ich mich hypothetisch auf diesen Standpunkt begebe, klappt, wirtschaftlich gesprochen, die Gegenfinanzierung der Kombilöhne nicht. Das passt zwar sehr schön zum Mediengerumpel der sozialen Brandstifter der Marktliberalen, mehr Niedriglohnjobs, malochen muss der Pöbel, aber löst das Kernproblem nicht, denn

„Reparaturversuche wie Hartz IV und die Riester-Rente verschlimmern die Probleme nur.
Deshalb muss ein komplett neues System her, das die wirtschaftliche
Freiheit, die Eliten, wieder strikt an die soziale Verantwortung bindet.

[…]
Die sozialen Sicherungssysteme sind in die Krise geraten, weil der
Staat auf eine angemessene Abgaben- und Steuerpolitik verzichtet. Es
kann nicht sein, dass zum Beispiel die Rentenversicherung durch
Altersarmut gerettet werden soll, und dass Familien mit Kindern durch
Sozialversicherungsbeiträge und fixe Verbrauchersteuern genauso
belastet werden wie kinderlose Singles. Die Umverteilung von oben nach
unten[*] soll nun mit der so genannten Kopfpauschale auf die Spitze
getrieben werden. Deutschland ist schon fast der Weltmeister der
Ungerechtigkeit.“

(J. Borchert, Richter am Landessozialgericht in Darmstadt, auch FR, bei [*] unterstelle ich angesichts des Gesamttenors des Interviews, dass er es schlicht umgekehrt gemeint hat. Gerade die Kopfpauschale ist ein Musterbeispiel für unverhältnismäßige Mehrbelastung von Geringerverdienenden)

Mayer verkennt auch die Gesamtlage, wenn er sagt:

“ Es mangelt an inländischer Nachfrage, das ist offensichtlich. Die Deutschen sparen zu viel und konsumieren zu wenig.“

Was erwartet der Mann denn, die einen haben dank gepuschtem Dumpinglohnsektor ohnehin nichts mehr zum Sparen übrig, den anderen wird ein Mischmasch aus Krisengrusel und Geizistgeil-Sparmichheut vorgesetzt, kein Wunder dass die Umsätze im Inland bestenfalls stagnieren.

Wo an anderer Stelle des Interviews noch angefügt ist, dass Mayer lachte, vor er antwortete, hat er sich am Ende entweder besser im Griff oder die Interviewer breiten den pietätvollen Mantel des Schweigens darüber:

FR: Anstelle von kräftigen Lohnerhöhungen könnte auch der Staat mehr investieren und so für Jobs sorgen?
Mayer:
Das stimmt, das ist der französische Weg, der lange überraschend gut funktioniert hat. Doch bei der Verschuldung, die die Staaten durch die Krise auf sich geladen ist, ist er versperrt. Da hilft alles Wünschen nichts. Die Staatsknete ist verschossen. Wir können nicht noch mal das Defizit verdoppeln.
FR: Weil wir das Geld den Banken geben mussten
Mayer: Hier schweige ich besser.“

Wohl wahr.

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Etwas festgelesen

Hab ich mich grad mal wieder beim Spiegelfechter – zum Thema BGE – und weiterhin in den Kommentaren, aus denen noch zwei, na eigentlich drei Links beachtet gehören, imho.

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Westerwelle angezeigt

Just in dem Moment als ich mir langsam auch überlegt hab, warum das eigentlich keine Anzeige nach sich zieht, hat es einer getan (SZ).

Westerwelles Hetz-Populismus beleidigt Gunther Clemens nicht nur, der jetzt der erste und hoffentlich nicht der einzige war, der sich die Mühe gemacht hat, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten, er empfindet die Schmähungen auch als gegen die Menschenwürde gerichtet.

Zwar fehlt in der Betrachtung noch wesentliches, angefangen vom chronischen Missverhältnis zwischen Stellenangebot und Arbeitskräften, über die Außerkraftsetzung des Arbeitsmarkts gerade durch die Jünger des reinen Marktes – aber das gilt natürlich immer nur für die eigenen Interessen, danke für die Demonstration -, über die Unverfrorenheit mit der anhand von 3,5% der Arbeitslosen demonstriert wird, wie viel Geld all den Taugenichtsen nachgeschmissen wird (TP-Forum) und generell die Überkommenheit des Prinzips Vollbeschäftigung … mit Medienkalkül betrachtet ist es sicher vorteilhafter, einen braven arbeitssuchenden armen Schlucker ins Feld zu führen.

Nicht, dass ich mir davon etwas erhoffen würde, vermutlich sind rechtlich betrachtet die Hartzies genausowenig pauschal beleidigungsfähig wie Cops durch A.C.A.B.-Pullis oder Söldner durch "Soldaten sind Mörder"-Aufkleber. ’ne feine Aktion find ich ’s dennoch allemal.

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Hartz IV ist verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Die Berechnung der Regelsätze für ALG2 ist nicht verfassungsgemäß.

In der Verlesung des Urteils hagelte es schallende Ohrfeigen, Formulierungen wie "freihändig" und "ins Blaue hinein" im Zusammenhang mit einer Gesetzgebung, zumal noch einer, die unmittelbarste Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen hat, sind eine Aussage, die an Klarheit nicht zu überbieten ist.

Die Homepage des Bundesverfassungsgerichts ist derzeit dem Ansturm nicht gewachsen, Chris hat die Pressemeldung schon zum Nachlesen, früher oder später wird sie wohl auch direkt wieder abrufbar sein.

Update: Urteil im Volltext

 

Ja ich weiß, da gehört mehr dazu geschrieben, viel mehr. Hab leider keine Zeit. Empfehle Spiegelfechter, auch @Telepolis, ad sinistram, aho, F!XMBR und nicht zuletzt Ahne.

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Der Abend vor dem Urteil

Für morgen, 9.2., wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit der Regelsätze von ALG2 erwartet. Beklagt wurde die Festsetzung der Kinderregelsätze als reine Prozentanteile der Erwachsenensätze, die Richter gehen aber wohl gleich einen Schritt weiter und überprüfen jetzt alles.

Wunderbare Zusammenfassung und Einschätzung dazu beim Spiegelfechter.

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Die anderen Zahlen zum Missbrauch von Hartz IV

Es gibt einen weiteren Rekord beim Missbrauch von Hartz IV zu verzeichnen. Nur in der anderen Richtung. Bei den Sozialgerichten gingen im letzten Jahr fast 200.000 Klagen und Rechtsschutzverfahren gegen Hartz IV ein, gut 11% mehr als noch 2008 (FR, Welt, SZ). Auch bei den Landes- und beim Bundessozialgericht stiegen die Fallzahlen an, beim Bundessozialgericht dreht sich mittlerweile ein Viertel der Verfahren um Hartz IV. Immerhin jede dritte Revision vor dem BSG endet mit einem Erfolg für die Versicherten bzw. Leistungsempfänger.

Beklagt werden zumeist die Bedarfsberechnungen der Jobcenter und dabei vor allem die Kosten der Unterkunft.

Ich bin gespannt, ob die B-Zeitung morgen dazu genauso groß aufmacht, wie gestern zur Bekanntgabe der Missbrauchszahlen. Gestern hieß es sinngemäß "So wird abgezockt – neuer Rekord beim Hartz IV-Missbrauch". Nähme mich aber Wunder, wenn morgen drauf stünde "So werden die Schwächsten abgezockt – neuer Klagerekord gegen Hartz IV".

Zur Bekanntgabe der Zahlen gab der Präsident des Bundessozialgerichts Masuch ein paar Kommentare zu den aktuellen Anstrengungen der Politik ab. Generell empfahl er, in den ergangenen Urteilen nachzulesen, wo akuter Verbesserungsbedarf besteht.

Darüberhinaus gab er zu bedenken, gesteigerte Zuverdienstgrenzen zum ALG2 würden die Zahl der Leistungsempfänger massiv erhöhen, da dann mehr Geringverdienende zum Aufstocken berechtigt seien – was meiner Ansicht nach auf eine gewisse Weise noch nicht mal schlecht wäre, um über die finanzielle Wirkung, also das einzige was wirklich weh tut, darauf aufmerksam zu machen, dass Lohndumping und extreme Ausbeutung immer mehr um sich greifen. Allerdings vermutlich nicht gerade das, was die Politik damit bezwecken will.

Weiterhin führt Masuch an, dass einer so oft geforderten "verschärften Arbeitspflicht" sowohl rechtliche Bedenken entgegenstehen, und außerdem die Voraussetzungen nicht bestehen, auch sinnvolle Arbeit anbieten zu können und daher mit "Abwehrreaktionen" gerechnet werden müsse. Schade, dass nicht überliefert ist, was er sich darunter so vorstellt …

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Zahlen zum Missbrauch von ALG2

Web.de titelt massenwirksam gleich oben auf der Startseite "Missbrauch von Hartz IV nimmt zu". Differenzierter geht die Welt die Sache an: "Zehntausende Hartz-IV-Empfänger unter Verdacht".

Und was gibt es dazu tatsächlich an Zahlen?

2009 sind 165.000 Straf- und Bussgeldverfahren eingeleitet worden, 1,8 Prozent mehr als 2008. Laut der FR, die unter der gemäßigteren Überschrift "Missbrauch bei Hartz IV nimmt leicht zu" berichtet, ist der Zuwachs auch auf eine gestiegene Personaldecke der Jobcenter zurückzuführen, die jetzt mehr Luft für die Verfolgung haben.

Die Zahl der Fälle, die wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit an den Zolll übergeben wurden, stieg um 1,09% (selbst errechnet anhand der in den genannten Quellen + SZ berichteten Zahlen) auf 39.000, den Quellen zufolge ein Zuwachs von 4,9%. Wohlgemerkt, wegen des Verdachts.

13.000 Fälle wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet, bei "einem begründeten Straftatbestand" (SZ) bzw. dem Verdacht auf eine Straftat (FR). Auch die Staatsanwaltschaft wird da nochmal ermitteln (müssen), auch da ist noch nichts fix.

126.000 der Verfahren wurden auch zuende bearbeitet, bei rd. 27% erließen die Jobcenter daraufhin selbst ein Verwarnungs-/Bußgeld, das im Schnitt 107 Euro betrug. Rund 14% der Fälle wurden verwarnt, ohne ein Bußgeld zu verhängen. (FR) Zusammen schon mal 41% der bearbeiteten Straf- und Bussgeldverfahren. Insgesamt wurden laut Welt in 74.000 Fällen Bußgelder in einer Gesamthöhe von 3,7 Millionen Euro verhängt, im Schnitt also grade mal 50 Euro. Grade mal, sicher weniger für die Betroffenen, aber grade mal hinsichtlich der Volksseele, die Gerechtigkeit ja an der Schwere der Strafe misst und die Sozialschmarotzer am liebsten lynchen würde – für 50 Euro Bußgeld kann man 1,25x schwarzfahren, beispielsweise.

Vor allem über Abgleichsverfahren, so die FR, sei festgestellt worden, dass 2009 ca. 72,2 Millionen Euro zuviel an Leistungsempfänger ausgezahlt worden seien – 13,6 % weniger als im Vorjahr. 72,2 Millionen klingt viel, geht aber im Gesamtvolumen von ALG2 unter. Der Jahresbericht, über den berichtet wird, liegt anscheinend noch nicht öffentlich vor, wohl aber der von 2008: Da wurden 38,2 Milliarden Euro für ALG2, Kosten der Unterkunft, Eingliederungsleistungen und Verwaltung ausgegeben.

Und die Gesamtmissbrauchsquote? Weltwirtschaftserschütternde 1,9 Prozent.

Nicht nur aufgrund dieser Zahlen hat Thomas Öchsner ganz recht, wenn er in der SZ kommentiert, es sei

unfair, alle Hartz-IV-Empfänger zu diskriminieren und als Faulenzer zu
beschimpfen. Die große Mehrheit sucht verzweifelt einen Job, findet
aber keinen, weil es in der Privatwirtschaft nicht genügend Arbeit
gibt. Es ist deshalb reiner Populismus, eine Arbeitspflicht für
Arbeitslose zu fordern.

 

2 Kommentare

Regierungswohltaten weiterleiten, Missstände bekämpfen!

Anne Roth hat eine ganz entzückende Idee. Nachdem die neue Regierung als eine der Wohltaten zum Start gleich mal das Kindergeld erhöhen will, Familien, die von HartzIV leben, davon aber schlichtweg gar nichts haben, weil das Kindergeld als Einkommen angerechnet und damit 1:1 wieder abgezogen wird, will Anne die Kindergelderhöhung an Einrichtungen Spenden, die Kinder von HartzIV-Familien unterstützen.

Schon in den ersten Kommentaren unter ihrem Blogbeitrag findet sich allerdings auch der berechtigte Einwand, mit der ganzen Wohltätigkeit werde die Missverteilung noch unterstützt – vieles, worum sich der Staat eigentlich hoheitlich kümmern sollte, wird inzwischen nur noch ehrenamtlich und von Spenden finanziert von Privatpersonen erledigt. Der Beispiele gibt es viele, die Tafeln sind eines der einleuchtendsten.

Der folgerichtige Ansatz ist also, beides zu verknüpfen, den Einkommenszuwachs weiterzugeben und gleichzeitig auf den anhaltenden Missstand aufmerksam, politische Arbeit zu machen.

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