Das kalte Knochenkotzen


Das kommt mir beim Interview in der FR mit dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank. Mayer. OK, Deutsche Bank könnte alles sagen, aber von Volkswirten hatte ich mir bislang mehr erhofft. Nun gut. Illusionen sind zum Verrecken da.

Einmal weiß der Mann offenbar schlicht nicht, was er will. Die deutsche Volkswirtschaft soll unproduktiver werden, aber auch nur, wenn es die Binnennachfrage stärkt. Überlebensfähige Löhne stehen dabei aber selbstredend nicht zur Debatte:

„Ich habe überhaupt nichts gegen Kombi-Lohnmodelle und bessere Zuverdienstmöglichkeiten.“

Selbst wenn ich mich hypothetisch auf diesen Standpunkt begebe, klappt, wirtschaftlich gesprochen, die Gegenfinanzierung der Kombilöhne nicht. Das passt zwar sehr schön zum Mediengerumpel der sozialen Brandstifter der Marktliberalen, mehr Niedriglohnjobs, malochen muss der Pöbel, aber löst das Kernproblem nicht, denn

„Reparaturversuche wie Hartz IV und die Riester-Rente verschlimmern die Probleme nur.
Deshalb muss ein komplett neues System her, das die wirtschaftliche
Freiheit, die Eliten, wieder strikt an die soziale Verantwortung bindet.

[…]
Die sozialen Sicherungssysteme sind in die Krise geraten, weil der
Staat auf eine angemessene Abgaben- und Steuerpolitik verzichtet. Es
kann nicht sein, dass zum Beispiel die Rentenversicherung durch
Altersarmut gerettet werden soll, und dass Familien mit Kindern durch
Sozialversicherungsbeiträge und fixe Verbrauchersteuern genauso
belastet werden wie kinderlose Singles. Die Umverteilung von oben nach
unten[*] soll nun mit der so genannten Kopfpauschale auf die Spitze
getrieben werden. Deutschland ist schon fast der Weltmeister der
Ungerechtigkeit.“

(J. Borchert, Richter am Landessozialgericht in Darmstadt, auch FR, bei [*] unterstelle ich angesichts des Gesamttenors des Interviews, dass er es schlicht umgekehrt gemeint hat. Gerade die Kopfpauschale ist ein Musterbeispiel für unverhältnismäßige Mehrbelastung von Geringerverdienenden)

Mayer verkennt auch die Gesamtlage, wenn er sagt:

“ Es mangelt an inländischer Nachfrage, das ist offensichtlich. Die Deutschen sparen zu viel und konsumieren zu wenig.“

Was erwartet der Mann denn, die einen haben dank gepuschtem Dumpinglohnsektor ohnehin nichts mehr zum Sparen übrig, den anderen wird ein Mischmasch aus Krisengrusel und Geizistgeil-Sparmichheut vorgesetzt, kein Wunder dass die Umsätze im Inland bestenfalls stagnieren.

Wo an anderer Stelle des Interviews noch angefügt ist, dass Mayer lachte, vor er antwortete, hat er sich am Ende entweder besser im Griff oder die Interviewer breiten den pietätvollen Mantel des Schweigens darüber:

FR: Anstelle von kräftigen Lohnerhöhungen könnte auch der Staat mehr investieren und so für Jobs sorgen?
Mayer:
Das stimmt, das ist der französische Weg, der lange überraschend gut funktioniert hat. Doch bei der Verschuldung, die die Staaten durch die Krise auf sich geladen ist, ist er versperrt. Da hilft alles Wünschen nichts. Die Staatsknete ist verschossen. Wir können nicht noch mal das Defizit verdoppeln.
FR: Weil wir das Geld den Banken geben mussten
Mayer: Hier schweige ich besser.“

Wohl wahr.

Kommentare geschlossen