Archiv für Kategorie Politix

Klima vs. Wirtschaft

Da gibt es eine Klimaschutzverordnung oder zumindest sowas wie eine Absichtserklärung einerseits und z.B. die Automobilindustrie andererseits.

Grade spuckten die Medien wieder große Paniktöne angesichts des letzten Wintersturms, es sei ein Vorbote des Klimawandels und man müsse doch usw. usf. Und kaum hat sich der Sturm gelegt, motzt die Autoindustrie dazwischen, man könne doch die Hersteller nicht verpflichten, emissionsarme Fahrzeuge zu bauen, das könne man gar nicht, und im Zweifelsfall würden da Zehntausende Arbeitsplätze vernichtet.

Am Ende bleibt da nur noch die globale Verquickung aller Konzerne im Großen und im Speziellen die Versicherungsbranche als letzter Hoffnungsschimmer – wenn die Wetterschäden zu teuer werden und die Erkenntnis per Geldbeutel doch noch einsickert.

Pervers.

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Realität vs. Nachrichten

Weitestgehend unerwähnt bleiben dieser Tage Vorkommnisse, auf die ich auch erst nach Zuruf stieß. So geht wohl im mexikanischen Staat Oaxaca (westl. von Chiapas) einiges vor sich – nur was, das ist schwer auszumachen.

Unleugbar bleibt wohl nur, dass es bereits unerfreulich viele Tote gibt. Alles andere scheint Ansichtssache. Allerdings in einem Ausmaß, wie es mir noch eher selten auffiel.

Die Deutsche Welle schreibt von Unruhen, die der mexikanische Präsident beenden ließe, von der "Besetzung der Stadt durch gewerkschaftsnahe Aufwiegler" – gemeint ist damit die Asamblea popular de los pueblos de Oaxaca /APPO, über die Wikipedia zu berichten weiß, dass sie sich "als rein friedliche Bewegung" versteht und interessanter noch: "Die internationalen Medien kommentieren überwiegend neutral bis verständnisvoll. […] Deutsche Medien übernehmen jedoch überwiegend die Erklärungen der mexikanischen Regierung." Letzteres erklärt vermutlich einiges.
Randbemerkung: Schon allein im Begriff "gewerkschaftsnahe Aufwiegler" schwingt soviel negative Bewertung mit, dass man meint die Bummelstudenten, Sozialschmarotzer, Gutmenschen und wirklichkeitsfernen Spinner einzeln herauszuhören.

Die Tagesschau beschreibt etwas umfassender, eigentlich sogar recht gut, dafür aber so undurchsichtig, dass der interessierte, aber nicht vorbelastete Leser nicht durchsteigt, was da jetzt passiert sein soll. Man beleuchtet immerhin auch ein klein wenig die diffizile Geschichte der Partei PRI, der der Gouverneur von Oaxaca entstamme. In einem wagemutigen Absatz wird sogar die These aufgestellt, dass der Journalist Brad Will von Polizisten in Zivil getötet worden sei, um den Einsatz der Bundespolizei zu erzwingen. Auch der Absatz glänz aber irgendwie mit Verklausulierung und schwerer Verständlichkeit. Leichter verständlich ist da doch die Aussage des sogar namentlich zitierten (als ob das ein Beweis sei) Bewohners der Stadt: "Ich finde das ausgezeichnet, das die Bundespolizei gekommen ist. Das war nötig, hätte schon längst geschehen sollen. Schauen sie doch, die Leute fühlen sich jetzt viel ruhiger", klärt in dem Bericht aber unterm Strich auch nichts.
Zwischenfrage: Wie fühlt man sich ruhiger?

Bewegt man sich von den ausgetretenen Pfaden weg ins selbstgemachte Web mit selbstgemachten Nachrichten – natürlich meine ich zu vorderst Indymedia! Manchmal unsäglich, mitunter unentbehrlich.
Bei Indymedia also haben die Geschehnisse den Kopf der Seite bekommen und es wimmelt von Updates, Bildern, Filmen, Kommentaren, die weiter verlinken etc. pp. Einer der Links führt einen dann zu Chiapas.ch, wo z.B. auch berichtet wird, dass schon der mexikanische Senat den Gouverneur von Oaxaca aufgefordert habe, zurückzutreten. Schade nur, dass der Senat da nicht viel ausrichten kann.

Mit dem Rücktritt von Gouverneur Ruiz haben der Senat und die gewerkschaftsnahen Aufwiegler aka APPO immerhin ein gemeinsames Ziel. Das ändert so ein bißchen das Licht, das auf die APPO fällt.

Wohlgemerkt: Ich habe keine Ahnung von Mexiko und den dortigen Verhältnissen. Ich bin ein wenig geneigt, einer Nachrichtenrichtung zu glauben, da ich meine Erstinfo auch eher aus der Richtung bekommen habe. Alles andere trage ich mir hier grade so mehr oder weniger querbeet zusammen. Je mehr ich aber so bei der unkontrollierten Suche auffinde, desto weniger habe ich noch die (naive) Hoffnung, dass es offizielle Nachrichten geben könne, die eine Situation unter mehreren Blickwinkeln beleuchten.
Spielt ja aber auch eigentlich keine Rolle, da es wohl eh nicht bis in die breiten Medien vordringt.

(Hinter dem Link unten verbirgt sich eine Online-Demo)

Nachschlag: Telepolis schreibt natürlich auch drüber. Hatte ich glatt übersehen 😉

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Religion vs. Biologie

Aus Groß-Bruder-Land ist man die Meldungen ja inzwischen gewöhnt, dass landstrichweise eher zweifelhafte Lehrpläne an den Schulen verbreitet werden. Die Empörung kommt zwar verhältnismäßig spät – mir sind noch Berichte von Mitschülern im Ohr, die Mitte der 90er von derartiger Lehre erzählten – aber immerhin. Es geht nicht ganz unter und erntet wenigstens hochgezogene Augenbrauen.

Ich bin kein Freund der Kirchen, und erst recht keiner des staatlich-institutionalisierten Religionsunterrichts, und schon gar keiner von pseudo-säkularen Organisationen, die ihr Glaubensbekenntnis noch im Parteinamen vor sich hertragen (man stelle sich nur das Äquivalent und den entsprechenden Aufschrei vor).

Mehr als nur eine hochgezogene Augenbraue hat heute aber der Bericht in der FR bei mir ausgelöst:

Die hessische Kultusministerin Karin Wolff (CDU) plädiert dafür, die christliche Schöpfungslehre an den Schulen auch im Biologieunterricht zu behandeln.
"Ich halte es für sinnvoll, fächerübergreifende und -verbindende Fragestellungen aufzuwerfen", sagte Wolff, "so dass man nicht einfach Schüler in Biologie mit Evolutionslehre konfrontiert und Schüler im Religionsunterricht mit der Schöpfungslehre der Bibel. Sondern dass man auch schaut, ob es Gegensätze oder Konvergenzen gibt."

Soweit zu den hehren Zielen.

Fächerübergreifende und -verbindende Fragestellungen, wer von sowas allein noch träumt, hat irgendeinen Knall nicht gehört. Dazu fehlt nebst Personal schlicht die Zeit. Aber gut, gesetzt den Fall, es sei machbar.

Wie, um Himmels (!) Willen, kommt man mit dem Vorsatz auf die Idee, weltanschauliche Thesen in naturwissenschaftliche Lehrpläne einzubinden. Und die Aufweichung durch dieses "Entweder so – Oder aber auch so" noch als sinnvolle Fragestellungen zu verkaufen.

Ich habe noch nie verstanden, warum konfessioneller Unterricht ins Pflichtprogramm der Schule gehört und nicht in die Kür. Wenn ’s unsere ach so tolle Kultur ist, sollte es ohne die Zwangsunterstützung auskommen. Das aber noch auszuweiten, noch mehr Inhalte – die nun wirklich nichts mit der kulturellen Komponente zu tun haben – in andere Fächer ausstreuen zu wollen – ich kann ’s nicht ändern, mir fehlen die Worte.

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Verliebt in den Widerstand?

Die SZ gibt sich zum Thema Studiengebühren zwiegespalten. Zuerst kommt der Darmstädter Professor Dr. Michael Hartmann zu Wort – im Politikteil (28.6.).
Kurz drauf fand sich im Fuilleton (!?!) unter dem Titel "Die bigotte Revolte – Warum sich Frankfurter Studenten mit Polizisten prügeln" etwas ganz anderes (8.7.), das ich beim besten Willen nicht unkommentiert lassen kann.

Da wird einer nicht näher bezeichneten, wohl aber eingangs kunstgerecht diffamierten Gruppe ("der wilde Trupp") die Verworrenheit und mehr noch, die glatte kausale Fehlerhaftigkeit ihrer Argumente vorgeworfen. Dabei wird die Hilflosigkeit, die den Protesten zugrunde liegt, gar nicht erst wahrgenommen:
Dass nämlich nie eine saubere Diskussion über Studiengebühren überhaupt stattgefunden hat, die über die Anforderungen eines nicht näher bestimmten Marktes hinauszuschauen im Stande war.

In der Kürze der Zusammenfassung ist sogar stringent, dass man nicht einerseits die Verschacherung der Bildung als Ware anprangern und gleichzeitig für Bildung als Standortvorteil, gar Rohstoff argumentieren kann. Dass diese krude Argumentation jedoch lediglich die Reaktion auf eine derart geführte Debatte ist, die jedes anders geartete Argument nicht gelten lässt und die in logischer Konsequenz dazu führt, Bildung durch Ausbildung zu ersetzen, bleibt außen vor.

Gleichermaßen bleibt die immanente Schwäche des Arguments der Befürworter dem Kommentator im Dunkeln, wenn er vorwirft, aus dem "geschuldeten" Studium werde auch noch ein erheblicher Gehaltsanspruch abgeleitet. Dies gerade ist ja der Hohn der Argumentation, dass nämlich das Abzahlen eines Studienkredites damit schmackhaft gemacht werden soll, dass man nach Abschluss ja gut verdient. Gleichzeitig setzt die "Grenze" der Rückzahlung aber kurz oberhalb der Armutsgrenze an und eine Verschiebung nach oben wird abgelehnt: Dann würden zuviele potentiell einnehmbare Gebühren nicht eingenommen werden können. Verdient man am Ende mit abgeschlossenem Studium ohnehin nicht mehr automatisch gut?

Umso angebrachter wäre eine Finanzierungsmethode, die tatsächlich nur die Gutverdiener zur Kasse bittet, und wie einfach wäre diese ohne neu aufzubauenden Verwaltungsapparat durch Besteuerung zu erreichen!

Wenig später verwickelt sich der Autor dann gänzlich in seiner eigenen Polemik.
Vorneherum prangert er an, die Studenten "drohten" damit, die Nicht-Abiturienten künftig auf die Hilfsarbeiterplätze zu verweisen, kurz drauf jedoch droht er selbst damit, dass die Studenten und ihre Bildung keiner mehr braucht, was diese bloss nicht in der Lage seien zu sehen.

Das alles kann, so scheint es dem Autor schlüssig, nur daran liegen, dass die Protestierer in den Widerstand verliebt seien. Zugegeben: Spätestens seit dem Erfolg der französischen Demonstrationen gegen das CFE hat Protest wieder an Sexappeal gewonnen. Vorangegangen und begleitend sind jedoch allzu viele ernstgemeinte Ansätze zur Diskussion, die nie ergebnisoffen hat sein dürfen und daher – zurecht – abgelehnt wurde. Doch über die Faust in der Tasche lässt sich kaum schimpfen, über den randalierenden Mob hingegen vortrefflich.

Nicht unveröffentlicht bleiben darf auch die Ergänzung meines Kommentars von freundlicher Hand des Meisters:

Die Argumente von STEINFELD scheinen mir beliebter Studenten-Talk: Dreh’ das Argument einfach rum, zeige den anderen mal, was sie falsch machen und keckere ein bißchen drüber. Aber: Die Entwicklung der Argumente hätte er diskurstheoretisch und in »historischer« Abfolge betrachten müssen. Denn für sich genommen (»aus dem Zusammenhang gerissen«) erscheinen die Argumente natürlich krude.

Sie sind deshalb aber noch nicht falsch, da tatsächlich Leute Studiengebühren einführen, die aus ihrer eigenen Vita argumentieren: »Studium lohnt sich; man bekommt danach gut bezahlte Posten« und »warum soll einer, der hinterher die dicke Kohle abgreift, nicht eine Gebühr für die Eintrittskarte dazu zahlen? Zumal sie gemessen am späteren Gewinn lächerlich klein ist!« – Genau diese Leute profitierten von einem gebührenfreien Studium und verdienen die dicke Kohle, haben aber den inzwischen eingetretenen Paradigmenwechsel: Studium »lohnt« sich oft gar nicht mehr, es ist eher die Möglichkeit, einen der wenigen halbwegs bezahlten Jobs (nicht Posten, nicht Ämter!) zu bekommen. Denn ohne sind die Einstiegsmöglichkeiten ins Berufsleben ohnehin mau (nicht lau… okay…).

Ich denke, dass nicht die Studenten die Haupt- und Realschüler »als Geiseln« nehmen, sondern die Gesellschaft dies längst schon entschieden hat. Wer früher einen »anständigen« Hauptschulabschluss hatte, der konnte auch auf »anständige Arbeit« hoffen. Heute wird man mit diesem (inzwischen pseudo-abiturientierten) Abschluss weder Friseurin noch Bäcker, nicht Mechaniker noch Schreiner. Es gibt nämlich einfach keine Stellenausschreibungen mehr für Hauptschüler. Ähnlich verhält es sich bei Realschülern. Büro- und Verwaltungsjobs, für die dieser Schulzweig einst geschaffen wurde (»Realgymnasium«!) werden heute kaum noch unter Abitur vergeben.

Dass die Demo-Studies dieses Argument also bringen, ist einfach nur ein Anschluss-Argument an die ohnehin bereits laufende Diskussion, da man ja nicht einfach »ins Blaue« oder »akademisch« demonstrieren kann.

Daher auch der »patriotische« Strang: Wie kann man dem »Herrscher« kommen, als mit dem Argument, dass ihn die von den Studenten gewünschte Regelung auch nütze? Denn er sitzt schließlich am Hebel, und niemand sonst. Also muss man »ihm« den gewünschten Zustand schmackhaft machen, ebenso wie dem »neutralen« Publikum, das staunend am Straßenrand steht und sehr wohl glaubt, dass Studiengebühren was gutes seien, da (wenigstens hier schon) Leute zur Kasse gebeten würden, die später sicher »die dicke Kohle« abgreifen. Denn das hat »der Herrscher«, die Union in Hessen längst geschafft: Das alte Schmarotzer-Bild der Studenten, die später noch parasitärer auch die Managersessel stürmten, wiederauferstehen zu lassen.

Insofern kämpfen die Studenten gegen einen fast umgedrehten »Klassenkampf«, dessen Takt komischerweise von der Landesregierung vorgegeben wird…

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Stolz

Kam mir in einem diese unsäglichen Internetforen doch mal wieder die Frage unter: "Dürfen Deutsche einen Nationalstolz haben?", aufgehängt an der Aktion einer PDS-Abgeordneten, gegen die Flaggenflut zur WM vorzugehen.

Diese Aktion und die kräftig bejahenden Antworten in dem erwähnten Forum mal ganz außen vor gelassen, stellt sich mir eine ganz andere Frage: Was ist eigentlich dieser Nationalstolz, wahlweise auch Patriotsmus, und wie bringt man den auf?

Mir persönlich ist das ein komplettes Rätsel.

Es gab in der Geschichte der Welt einen Haufen wichtiger Menschen, die sind auch überall auf der Welt verteilt gewesen und haben überall auf der Welt verteilt gewirkt. Ein paar davon lebten und wirkten zufällig in dem selben Landstrich, in dem eine Einzelperson ebenso zufällig geborten wurde und lebt.
Die wichtigen Menschen und ihre Leistungen für die Menschen der Welt zu würdigen ist ja nun eins. Aber für die Zufälle, die den einen und den anderen in die selbe Gegend verschlagen haben, kann man sich doch keinen Stolz ableiten.

Dann hab ich in eben diesem Forum mal die selbe Frage wie oben gestellt. Ein Statement dazu enthielt: "Patriotismus ist das, worauf man sich berufen kann, wenn man zeigen will, was die eigene Nation leisten kann."
Das Stück mit der Nation ist ja jetzt das, was mich interessiert.
Die eigene also.
Meine eigene? Toll, ich hab eine Nation!
Eine Nation!
Aber, wie komm ich denn dazu? Will ich das eigentlich? So ein zufälliges Häufchen, völlig beliebig zusammengesetzt und mit einem Label versehen?
Und die Nation kann sogar was leisten!
Aber ist das denn wichtig, was die leisten kann? Muss da der Vergleich zu anderen Zufallsgruppen mit anderem Label gezogen werden?

Alle Welt spricht von Globalisierung, aber dann geht ’s auf einmal wieder um Nationalstolz?
Da weiß doch keiner, wovon er überhaupt spricht.

Klar fühlt man sich mit dem ein oder anderen verbunden, hat möglicherweise sogar so etwas wie ein Heimatgefühl.
Aber das für ein Konstrukt in gedachten Grenzen anzunehmen, anstatt sich endlich mal bewusst zu machen, dass alle bloss Menschen sind, ist kurzsichtig, fast schon buchstäblich.

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Sozial schwächer gestellt

Sozial schwächer gestellt

In vielen aktuellen Debatten und Diskussionen ist immer wieder von "sozial schwächer Gestellten" die Rede. Das hat inzwischen jeder so akzeptiert und offenbar kaum einer je hinterfragt.

Ist das denn die Möglichkeit?

Es weiß doch auch jeder, was damit gemeint ist: Nämlich Menschen/Familien, die finanziell schwächer dastehen.

Diese Kind aber nicht beim Namen zu nennen, sondern sich auf "sozial schwächer Gestellte" herauszureden ist so daneben, dass es an Dummdreistigkeit grenzt.
Sämtliche Definitionen von "sozial" beziehen das Finanzielle ausdrücklich nicht mit ein (nachgeschaut habe ich jetzt nur zur Sicherheit 😉 ).

Obwohl, mit viel viel Bitterkeit vielleicht doch. Der zweite Punkt von Wikipedias Definitionen, "rechtlich", beinhaltet folgenden Satz:

Dem zu Folge hat jeder Mensch in Deutschland (…) einen Grundanspruch darauf, dass sich der Staat um ihn (in äußerster Not) kümmert.

Damit wären die sozial schwächer Gestellten diejenigen, um die sich der Staat nicht mehr richtig kümmert … gar nicht so weit hergeholt, fürchte ich.

Aber von dem Exkurs mal wieder weg. Wie kommt es bloß zu diesem Un-Begriff, der so völlig am Kern der Sache vorbeigeht und gleichzeitig so völlig in die falsche Richtung zeigt? Der einen fast annehmen lässt, Mangel an Geldmitteln könne nur denen zustoßen, von denen sich jeder gern distanziert, dem Pöbel und der Plebs, die nicht nur finanziell minderbemittelt ist, sondern eben auch – sozial?

Ist das einfach nur dummdeutsch, das sich eingebürgert hat?
Oder ein gezielter Euphemismus, um die Armut nicht in den Mund nehmen und dabei auch gleich noch zugeben zu müssen, dass heute keiner mehr davon gefeit ist?

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Und im Kontrast dazu

… sollen den Unternehmen ab 2008 (weitere) acht Milliarden Euro Entlastungen zukommen. Auch wenn die Gegenfinanzierung der dann fehlenden Milliarden noch völlig unklar ist, das wird sich bis dahin schon finden.

Gottlob, es wird auch noch gehätschelt und verwöhnt.

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Gemeinschaftsdienst als Pflicht

Schon Sommerloch? Oder WM-Loch?

Damit preschte heute der junge Stefan Müller (CSU) vor. Spontane Assoziationen im Stile von Sommerloch oder Erinnerungen an saisonal ähnlich gelagerte Einlagen seines Parteikollegen Söder sind nur zufällig. Ironischerweise sitzt unser Volksvertreter auch noch im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Vielleicht hat er das beim Interview gegenüber der „Bild“-Zeitung auch nur verschwitzt (beim dem Wetter wäre das kein Wunder), oder aber er wollte sich (vermeintlich) volksnah geben.

Müller stellt sich das mit dem Gemeinschaftsdienst so vor, dass sich jeder H4-Empfänger morgens bei einer Behörde meldet, und dann Arbeit für den Tag zugeteilt bekommt. Wer da nicht mitmacht, dem werde das Geld „empfindlich“ gekürzt. Natürlich hat Herr Müller dabei auch nur das Wohl der Leistungsempfänger im Sinn: Sie fühlen sich nicht mehr überflüssig und gewöhnen sich „wieder“ (?) ans Arbeiten. Und schwarzarbeiten können sie auch gleich nicht mehr, wenn sie acht Stunden jeden Werktag den Dienst an der Gemeinschaft ableisten, um ihren Lebensunterhalt zu rechtfertigen.

Ob eine amtliche Verpflichtung zum Arbeitsdienst der richtige Weg ist, eine Zufriedenheit mit sich und seiner Leistung herzustellen? Ob das die Art und Weise ist, wie sich diejenigen, die der Arbeitsmarkt nicht haben will, gewürdigt wissen wollen?
Außerdem stimmt das Bild bedenklich, das der Erklärung offenbar zugrunde liegt: Erwerbslose haben keinen geregelten Tagesablauf, und wenn sie doch etwas sinnvolles tun, dann ist es Schwarzarbeit.

Wie war die Idee mit der Fussfessel doch noch?

Bleibt zu hoffen, dass die Welle der Empörung, die sich stellenweise berichtet wurde, nicht mit dem Sommerwetter verschwindet und dem jungen Abgeordneten die Bedeutung seines Ausschusses bald offenbar wird.

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