Jeder Surfer schon ein Täter?
Verfasst von asynchron unter Überwachung am 2007/02/06
Selbst wenn ja fast zu hoffen ist, dass Burks Ausführungen so korrekt sind und die ganze Aufregung sich um heiße Luft dreht: Die feuchten Träume, die die Vorstellung der Live-Durchsuchung aller Rechner bei den einschlägig berüchtigten Politikern auslöst, gehören, und jetzt dreh‘ ich den Spieß einfach mal um, im Keim erstickt, prophylaktisch verhindert und zur Strafverfolgung ausgewertet.
Ich weiß schon nicht mehr, welcher Wind mich dahingeweht hat, aber im Zusammenhang war es ein ergiebiger. Die bayerische Landesregierung erging sich heute in Empörung über das Verbot der Durchsuchung von Rechnern ohne Information des Eigners und forderte, wie nicht anders zu Erwarten, dass die derzeit noch fehlende Rechtsgrundlage umgehend geschaffen werde.
Die bayerische Justizministerin blieb noch vergleichsweise harmlos, wenn sie behauptet, das alles geschehe (mal wieder) nur zum Schutz der Bürger, denn die "haben Anspruch auf Schutz auch in der virtuellen Welt".
Naja, wie in der realen auch, da kümmere ich mich lieber mal selbst drum …
Mehr Einblick in die Phantasien von omnipräsenter Bedrohung und demzufolge auch Notwendigkeit zur Überwachung offenbarte Innenminister Beckstein: "Mit dem Internet ist ein ganz neues Tatwerkzeug entstanden, das nahezu alle Kriminalitätsfelder von Ebay-Betrügereien bis Verbreitung von Kinderpornographie umfasst."
War ja eigentlich nicht anders zu erwarten, dass ein Innenminister, ein Beruf bei dem Paranoia wohl zu den Einstellungsvorraussetzungen gehört, als herausragendste Eigenschaft des Internet die Eignung zum Verbrechen ausmacht.
Nachdem das Internet also ohnehin nur Verbrechern dienlich ist, ist auch ein Generalverdacht keine abstruse Sache. Wo (fast) alle öffentlichen Plätze schon kameraüberwacht werden, wird es nicht mehr lange dauern, dass auch verdachtsunabhängige Leibesvisitationen Alltag sind. Und sich dann noch auf die Privatsphäre des eigenen Rechners berufen, das wäre doch wirklich albern.
Achja: Ich weiß gar nicht, ob ich da schon mal hinverlinkt habe, aber in der Zeit gab es unlängst mal einen netten Artikel über die Überwachungspraxis in Großbritannien – und ihre Sinnlosigkeit. Viel aber lesenswert.
Kommentare zum Bundestrojaner
Die Karlsruher Entscheidung gegen die Online-Durchsuchung steht in einer Serie von wichtigen Urteilen, die gegen ein gefährliches Vorurteil ankämpfen: dass man Grundrechte klein machen müsse, um Straftaten wirksam zu bekämpfen.
Man kann das Recht nicht schützen, indem man es latent verletzt. Das Verfassungsgericht wollte dem Gesetzgeber und den Sicherheitsbehörden sagen, dass es einen unantastbaren Kernbereich privater Lebensführung gibt, den der Staat zu achten hat. Das Gericht hat aber offensichtlich tauben Ohren gepredigt.
So schreibt Heribert Prantl in der Süddeutschen.
Fefe hat auch noch einen interessanten Gedanken:
Ich amüsiere mich ja prächtig über die Ironie, daß die Regierung auf der einen Seite der Sicherheitsindustrie die „Hacker-Tools“ verbieten will, und ihnen damit auch verbietet, das Knowhow aufrecht zu erhalten, das man für das „Hacken“ braucht, aber dann doch noch schnell selber ein solches Tool in Auftrag gibt. Was meint ihr, ist das Timing ein Zufall?
Rechtsbeugung qua Legislative
Verfasst von asynchron unter Politix, Überwachung am 2007/02/05
Heute quer durch alle Medien (z.B. die Süddeutsche): Das Urteil des BGH zur Live-Überwachung privater Computer. Immerhin ein Lichtblick: Diese Online-Durchsuchung ist rechtswidrig und unzulässig. So steht es derzeit geschrieben und also haben die Richter am BGH so entschieden.
Diese Entscheidung kommt natürlich äußerst ungelegen, will man doch möglichst schon gestern jeden Rechner, der sich ins Internet begibt, auch gleich untersuchen, ob der Benutzer dieses Rechners die Staatssicherheit nicht in irgendeiner Weise gefährden könnte. Und weil es eben gerade noch nicht zulässig ist, die Rechner unbescholtener Bürger ohne deren Wissen zu durchsuchen (nach allem, wohlgemerkt, nach allem!), so muss man den entsprechenden Rechtsrahmen eben schaffen, so schnell wie möglich (wiederum z.B. bei der Süddeutschen nachzulesen).
Als Begründung muss mal wieder zum Einen der altbekannte Terror dienen, zum Zweiten will man wohl die Privatsphäre gern einfach weglamentieren: Man müsse "darüber diskutieren, ‚was denn da eigentlich so privat ist‘ im Online-Bereich und ‚was das Schlafzimmer im Internet" sei,’" so SPD-Wiefelspütz (nachzulesen bei heise).
Ad 1) Als ob sich halbwegs ernstzunehmende Terroristen so unverschleiert äußern würden, dass die Überwachung ihrer Computer etwas nützen könnte … Da liegen sicherlich MS Project-Dateien im Ordner "Anschlag auf Berliner Hauptbahnhof Januar 07", die genau mitteilen, wer wann wie was ausführen soll. Die Vorstellung, dass eine derartige Aktion (so sie denn überhaupt auf einem Rechner abgelegt werden würde, was ohnehin fraglich ist), unter falschem Namen unter Tausenden Dateien mit ähnlichem Namen wohlversteckt wird, von Steganografie ganz zu schweigen, kommt den Planern wohl nicht.
Nun, muss ja auch nicht. Die Ausspähung jedes Einzelnen, der natürlich ja nichts zu verbergen hat, dient ja nur vordergründig der Abwehr potentiellen Terrors (oder wahlweise, nächstes Totschlagargument, Kinderporno). Welchen Zwecken allerdings wirklich … übersteigt die Vorstellungskraft, die ich da zur Verfügung stellen mag.
Ad 2) Das schlägt ja nun vollends dem Fass die Krone ins Gesicht. Die gleiche Logik könnte es auch gebieten, nur noch nackt auf die Strasse zu gehen, denn dadurch, dass ich mich aus meinen eigenen vier Wänden herausbegebe, werde ich ja öffentlich und entsage der Privatsphäre.
Der technisch Geneigte sieht in den ganzen Plänen womöglich auch nur eine bedingte Bedrohung der Integrität seiner Daten und ersinnt Lösungen mit virtuellen und Dummy-Rechnern, die datenlos dem Internetzugang dienen, perfiderweise vielleicht noch einen Honeypot irgendwo, und lässt seine vertraulichen, persönlichen Daten wohlgesichert ohne Netzzugang privat bleiben. Für alles finden sich Lösungen.
Gelackmeiert bleibt dennoch die nicht so technik-affine Masse, der mittels angepasster Rechtslage weder digitale noch kommunikative Privatsphäre bleibt (Stichwort: Vorratsdatenspeicherung) – aber man hat auch nichts zu verbergen, nicht wahr!
„Am Wochenende kriecht die Zeit
wie eine müde Fliege", stand mal als Quintessenz der wochenendlichen Langeweile in einem Garfield-Strip (und Garfield fügte anerkennen hinzu, Jon mache aus der Langeweile noch eine Kunstform).
Mich deucht, das Internet quadriert diese Kunst bzw. übersteigert sie in typisch hypiger Manier.
Die Medien ergehen sich im alltäglichen Mischmasch aus Terror hier, Geplänkel da, Fussball(-un-)meldungen an den Ecken und als Sahnehäubchen eine Schmunzelmeldung (na für mich war ’s jedenfall eine), die den Dorffrieden wohl einige Zeit stören könnte.
Einträchtig nebeneinander präsentieren sich auch die letzten versprengten Nachrichten vom UN-Klimabericht und die Vorstellung der neuesten Autokreationen, beruhigend untermalt von den allbekannten Tipps, wie jeder etwas Geld … äh, Sprit, ach was, man meint natürlich: CO2 sparen kann, wenn rechtzeitig geschaltet wird. Schon ist das Gewissen wieder rein.
In meinem Feedreader wärmt sich grade das Thema StudiVZ wieder auf, und wer da nicht mitknüppelt (he, ich find die Sachen ja auch albern, aber doch die Aufmerksamkeit nicht wert!) packt, weiß der Geier warum, die Raucher-Nichtraucher-Keule aus. Also, es muss um die Themen wirklich beachtlich schlecht stehen, wenn schon das Thema in Blogs wird. Tjo und weil mir auch nichts anderes/besseres einfällt, steig ich sogar darauf noch ein -.-
Irgendwie hab ich subjektiv den Eindruck, es wären grade Raucherbashing-Wochen. Und weiß noch nicht mal, warum ich drauf reagiere: In meiner aktuellen Schachtel (groß) sind noch sieben Ziggen drin, und von den fehlenden hab ich noch einige verschnorrt, oh Moment, gestern hab ich (die einzige Zigarette des Tages) fremdgeraucht. Anyway, Öffnungsdatum der Schachtel war womöglich sogar noch im letzten Jahr, spätestens aber am 02.01. Die Klauen der Sucht hab ich wohl vom Hals, trotzdem mag es mir nicht so recht schmecken, obwohl ich eigentlich gar nicht aufhören will. Das bemerkenswerteste was mir beim Nichtrauchen auffällt: Alles leere Versprechungen. Weder rieche noch schmecke ich mehr als wenn ich rauchte. Wäre doch mal ein Erklärungsansatz, warum grade Ex-Raucher oft gar so militant daherkommen.
Ich sag ’s ja schon lange: Verkneifen macht verkniffen.
Asynchron, the other way
Plötzlich: Glücklich.
Die Hose kneift, der Schuh drückt, die Haare sind noch naß, überhaupt alles viel zu kalt, der Bäcker hat meinen Lieblingssnack nicht und doch: Eins mit der Welt.
Ich bin schneller, die Welt um mich herum tröpfelt vorbei wie in Zeitlupe, die Welt und die Menschen, die mich ungläubig anstarren, wie ich selig und von Ohr zu Ohr grinsend den Bahnsteig entlangflobbe und in der Genialität von Licht und Augenblick schwelge.
Völlig asynchron
ÖPNV-fahren dauert. Lange. Subjektiv immer länger je öfter man fährt. Da drängen sich einem unwillkürlich blödsinnige Gedanken auf wie …
Das ganze Leben ist wie U-Bahn-Fahren – nur spielt sich das Leben im Tunnel ab und man selbst kommt aus dem Zug nicht raus.
Und dann fragte ich mich, ob diese Gedanken in den Tunneln wohnen und alle Durchfahrer anfallen, um von deren Energie (Geistes-? Lebens-? Oder ganz modern: Handy-?) zu leben?
Doch eh ich den Gedanken zu Ende spinnen konnte, verließ der Zug mal wieder seinen Tunnel, ausnahmsweise war es draußen auch noch hell und mir fiel auf, dass ich wieder mal zu langsam war.
Überhaupt, wie langsam! Bzw. andersherum, mir ist alles zu schnell. Rausgetropft aus der atomgenau gemessenen gesellschaftlich anerkannten Zeit huschen mir im Takt von Lidschlägen Haltestellen vorbei, zerrinnen Tage unter meinen Gedanken noch eh ich sie zu fassen bekomme. Aber könnte ich noch schneller sein? Dafür bin ich doch viel zu müde … wer weiß, vielleicht haben die Tunnelgedanken meine ganze Energie …
Wo kommen eigentlich Gerüchte her?
Wer sich schon immer gefragt hat, was diese ominösen Quellen sind, die (manchmal informierten) "Kreise", oder gar "vielerorts":
Vielerorts liegt ein paar Kilometer westlich von Manchesagen. Das ist ein Vorort von Auskreisenverlautet was im Regierungsbezirk Eswarzuhören liegt.
Klima vs. Wirtschaft, Nachschlag
Und überhaupt. Da kommt gerade mal im Windschatten von Kyrill (ha-ha!) ein bißchen Klimaschutzdebatte auf, schon springen die Atomkraftwerksbetreiber daher und winken lustig mit ihren CO2-freien Energieerzeugern. Schon vorher, aber auch noch gleichzeitig, werden regionale Beschlüsse gefällt, dass diese und jene Gegend windrad- und damit windkraftfrei bleiben soll (wer hat ’s auch mitbekommen, durch die Sturmtage fiel der Strompreis in den Börsen auf 0,0 Cent, weil die Windkraftanlagen soviel einspeisen konnten, und der Bedarf konnte praktisch nur über Windkraft gedeckt werden – sie liefen praktisch unter Volllast. Schöner Test doch für die Technik. Würde sagen sie haben bestanden.).
Welche blühenden Landschaften schweben den Menschen eigentlich vor?
- Menschenleere, auf Ewigkeiten hinweg mit Betretungsverbot versehene? Leute, Tschernobyl blüht, seit der Natur seit 20 Jahren nicht mehr reingeredet wird. Nur kann es keiner so wirklich genießen, oder? Machen wir mal ’nen Ausflug hin?
- Oder exotische, in denen Pflanzen blühen, von denen man früher hierzulande nie zu träumen gewagt hätte, nebenbei konnte man endlich die Rallye Paris-Dakar zu Rostock-Dresden umwidmen – die klimatischen Bedingungen sind die gleichen?
- Oder doch lieber das, was in unseren Kinderbüchern stand, Mischwälder und Wiesen voller Gänseblümchen und Löwenzahn, pitoresk geschmückt mit dem optischen Flapp-Flapp von ein paar stromerzeugenden Windrädern?
Ehrlich sein!
Klima vs. Wirtschaft
Verfasst von asynchron unter (fuck) economy, Öko, Politix am 2007/01/28
Da gibt es eine Klimaschutzverordnung oder zumindest sowas wie eine Absichtserklärung einerseits und z.B. die Automobilindustrie andererseits.
Grade spuckten die Medien wieder große Paniktöne angesichts des letzten Wintersturms, es sei ein Vorbote des Klimawandels und man müsse doch usw. usf. Und kaum hat sich der Sturm gelegt, motzt die Autoindustrie dazwischen, man könne doch die Hersteller nicht verpflichten, emissionsarme Fahrzeuge zu bauen, das könne man gar nicht, und im Zweifelsfall würden da Zehntausende Arbeitsplätze vernichtet.
Am Ende bleibt da nur noch die globale Verquickung aller Konzerne im Großen und im Speziellen die Versicherungsbranche als letzter Hoffnungsschimmer – wenn die Wetterschäden zu teuer werden und die Erkenntnis per Geldbeutel doch noch einsickert.
Pervers.
Killerspiele, WoW und Standpunkte
Verfasst von asynchron unter Killerspiele am 2007/01/26
Quer durch diverse Blogs wird in den letzten Tagen ein Fundstück aus dem WoW-Forum verlinkt oder gequotet. Hier nur kürzest, was da drin steht: Es ist ein, vermutlich wahrer, Bericht eines Intensivspielers über sein Leben außerhalb von WoW, und welche Veränderungen es da durch das intensive Spielen gab, praktisch nur schlechte.
Intention schon des Ursprungsposts als auch der zitierenden Blogs sei es, auf die enorme Suchtgefahr hinzuweisen, die WoW innewohne. (Mit einem gehörigen "OhMeinGott" zwischen den Zeilen)
Hm. Gut und schön. Aber: Cui bono?
Punkt 1)
Mittlerweile dürfte es kaum noch jemanden geben, der davon ausgeht, dass Spiele – und insbesondere athmosphärisch dichte und insbesondere welche mit einer permanent aufrechterhaltenen "Muss-ich-haben"-Motivation – kein Suchtpotential hätten.
Punkt 2)
Über die athmosphärische Dichte von WoW lässt sich sicher streiten, die "Muss-ich-haben"-Motivation ist aber sowas von klar – und auch Blizzards einzige Rettung, sonst würde jeder nach zwei Wochen auf Lvl 60 (bzw. mit Addon 70) feststellen, er hat durchgespielt und genervt abwinken.
Punkt 3)
Trotz 1) findet sich alle naslang wieder eine Stammtischniveaudiskussion ein, um anhand eines oder einiger Einzelfallbeispiele zu skizzieren, was für eine enorme Gefahr dieses WoW doch für die jungen Leute ist. Hach wie neu, hach wie originell.
Aber genug davon, worauf ich eigentlich hinauswill:
Punkt 4)
Mit der Argumentation, dass es durch WoW nichts mehr interessantes, ansprechendes im Leben der Suchtanfälligen gibt, und mit der drastischen Schilderung des sozialen Zerfalls der Süchtigen stellen sich all diese Disputanten auf eine Stufe mit denen, die das sofortige Herstellungs- und Vertriebsverbot von Killerspielen fordern.
Zwischen den Zeilen schwingt ein Tenor mit, der Interventionen fordert, wenn er sich auch nicht traut, nach staatlichen zu rufen und denen des sozialen Umfelds nicht ganz über den Weg traut.
Ein Spiel wird zum Sündenbock gemacht für Sachverhalte, die auch ohne längst bestanden und sich irgendwie irgendwann ihren Weg gebahnt hätten.