Rechtsbeugung qua Legislative


Heute quer durch alle Medien (z.B. die Süddeutsche): Das Urteil des BGH zur Live-Überwachung privater Computer. Immerhin ein Lichtblick: Diese Online-Durchsuchung ist rechtswidrig und unzulässig. So steht es derzeit geschrieben und also haben die Richter am BGH so entschieden.

Diese Entscheidung kommt natürlich äußerst ungelegen, will man doch möglichst schon gestern jeden Rechner, der sich ins Internet begibt, auch gleich untersuchen, ob der Benutzer dieses Rechners die Staatssicherheit nicht in irgendeiner Weise gefährden könnte. Und weil es eben gerade noch nicht zulässig ist, die Rechner unbescholtener Bürger ohne deren Wissen zu durchsuchen (nach allem, wohlgemerkt, nach allem!), so muss man den entsprechenden Rechtsrahmen eben schaffen, so schnell wie möglich (wiederum z.B. bei der Süddeutschen nachzulesen).

Als Begründung muss mal wieder zum Einen der altbekannte Terror dienen, zum Zweiten will man wohl die Privatsphäre gern einfach weglamentieren: Man müsse "darüber diskutieren, ‚was denn da eigentlich so privat ist‘ im Online-Bereich und ‚was das Schlafzimmer im Internet" sei,’" so SPD-Wiefelspütz (nachzulesen bei heise).

Ad 1) Als ob sich halbwegs ernstzunehmende Terroristen so unverschleiert äußern würden, dass die Überwachung ihrer Computer etwas nützen könnte … Da liegen sicherlich MS Project-Dateien im Ordner "Anschlag auf Berliner Hauptbahnhof Januar 07", die genau mitteilen, wer wann wie was ausführen soll. Die Vorstellung, dass eine derartige Aktion (so sie denn überhaupt auf einem Rechner abgelegt werden würde, was ohnehin fraglich ist), unter falschem Namen unter Tausenden Dateien mit ähnlichem Namen wohlversteckt wird, von Steganografie ganz zu schweigen, kommt den Planern wohl nicht.
Nun, muss ja auch nicht. Die Ausspähung jedes Einzelnen, der natürlich ja nichts zu verbergen hat, dient ja nur vordergründig der Abwehr potentiellen Terrors (oder wahlweise, nächstes Totschlagargument, Kinderporno). Welchen Zwecken allerdings wirklich … übersteigt die Vorstellungskraft, die ich da zur Verfügung stellen mag.

Ad 2) Das schlägt ja nun vollends dem Fass die Krone ins Gesicht. Die gleiche Logik könnte es auch gebieten, nur noch nackt auf die Strasse zu gehen, denn dadurch, dass ich mich aus meinen eigenen vier Wänden herausbegebe, werde ich ja öffentlich und entsage der Privatsphäre.

Der technisch Geneigte sieht in den ganzen Plänen womöglich auch nur eine bedingte Bedrohung der Integrität seiner Daten und ersinnt Lösungen mit virtuellen und Dummy-Rechnern, die datenlos dem Internetzugang dienen, perfiderweise vielleicht noch einen Honeypot irgendwo, und lässt seine vertraulichen, persönlichen Daten wohlgesichert ohne Netzzugang privat bleiben. Für alles finden sich Lösungen.

Gelackmeiert bleibt dennoch die nicht so technik-affine Masse, der mittels angepasster Rechtslage weder digitale noch kommunikative Privatsphäre bleibt (Stichwort: Vorratsdatenspeicherung) – aber man hat auch nichts zu verbergen, nicht wahr!

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