GDL gegen den Rest der Welt
Verfasst von asynchron unter Arbeit - Geißel der Menschheit am 2007/12/20
Wie vielfach zu lesen war (u.a. Netzeitung), hat die GDL den Verhandlungstisch mit der Bahn ergebnislos verlassen.
Wenig ist bei aller Berichterstattung davon die Rede, ob und wie weit überhaupt versucht wird, das Ergebnis der Mediation umzusetzen. Bis jetzt lese ich immer nur von der GDL, die der Bahn vorwirft, das einfach links liegen zu lassen. Die Bahn schweigt dazu, hat die GDL da am Ende recht?
Ein schöner Satz findet sich auch in der Netzeitung: "Mit Mehrarbeit könnten die Lokführer sogar 13 Prozent mehr verdienen". Nun, davon gehe ich schlichtweg aus, dass Mehrarbeit auch mehr bezahlt wird. Wenn die Bahn das extra herausstreichen muss, unterstreicht das nur, wie weit man sich da schon von einem noch als halbwegs anstänigen Verhältnis von Arbeitgeber zu Arbeitnehmer entfernt hat.
Wirklich den Vogel abgeschossen hat aber imho die SPD. Von denen darf man ja eh schon nichts mehr erwarten, trotzdem schockt mich die glatte Verleugnung der angeblichen Ziele und früheren Ideal immer wieder. Wohin will die SPD eigentlich, wenn sie sich gegen Streiks positioniert und die Solidarität verweigert, wie Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher, verlauten ließ?
Eine Art Antwort darauf fiel mir zufällig just in die Hände:
"Da die Mehrheit des Volkes aus ‚Arbeitnehmern‘ besteht, wäre die SPD wohl eher Volkspartei geworden, wenn sie Arbeiterpartei geblieben wäre. Aber […] [stattdessen] läuft sie über und gibt sich her für den stillsten Staatsstreich unserer Geschichte, den man die Große Koalition nennt […]. Das war vor allem für das Großbürgertum ein größerer Sieg als jeder bisherige Wahlsieg der CDU.
Passt.
Und ist doch schon historisch, stammt nämlich von Martin Walser, aus dem Vorwort der "Bottroper Protokolle" in der 6. Auflage von 1971 …
Arbeitslosigkeit – Krankheit oder Sucht?
Verfasst von asynchron unter Arbeit - Geißel der Menschheit, HartzIV am 2007/12/20
"50 Prozent Rückfallquote bei Langzeitarbeitslosen", titelte die Netzeitung die Tage.
Rückfallquote. Assoziiert man da Zustände von Arbeit/Arbeitslosigkeit? Oder eher von Krankheiten und insbesondere Süchten? Die bösen Arbeitslosen, da wurden sie mühsam entwöhnt, sich vor dem Fernseher mit Kohlehydraten vollzustopfen, und schon nach einem Jahr wissen sie sich nichts anderes, als in dieses Verhalten zurückzufallen!
Mir leuchtet das ja zumindest in einer Variante sogar ein, dass die "Langzeitvermittlung" nicht so wirklich klappt: Dank den Zwangsmaßnahmen können ALG2-Bezieher ja zu fast jedem Job genötigt werden. Befristet, unterbezahlt? Kein Problem, Hauptsache Arbeit. So nehmen sie denn so einen 5-Monats-Job an, gelten als vermittelt, und dann wundert man sich, dass ein Fristjob noch kein Sprungbrett ins mittlere Management war und die Kundschaft bald wieder vor der Türe der ARGE steht. Und natürlich auch gleich wieder da, denn für einen Anspruch auf ALG1 hätte der Job länger dauern müssen … Dass nicht jeder Job aus AGL2 herausführt, hat aber zumindest Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesargentur für Arbeit, noch nicht kapiert, wenn er davon spricht, dass "jemand den Absprung geschafft" habe.
Die ARGEn selbst sind aber auch nicht nur Versuch einer Lösung (ich will mal so wohlwollend sein), sondern auch nur Teil des Problems. 24% der Fallmanager haben auch nur einen Fristvertrag. Na super. Von der einen Seite auf die andere Seite des Schreibtischs innerhalb von zwei Wochen.
Remember Demolition Man
Verfasst von asynchron unter (mad) society am 2007/12/18
Die Verwirklichung der Satire treibt immer neue Blüten (gefunden in der Netzeitung).
In Florida ist jetzt eine Zehnjährige vom Unterricht suspendiert und außerdem noch mit Strafanzeige bedacht worden: Sie hatte sich für die Schulkantine ein ‚anständiges‘, nämlich ein Steakmesser mitgebracht. Aber bei Waffen an Schulen gilt da die vielzitierte "Null Toleranz", selbst wenn das Ziel der Waffe schon längst tot ist, und dieser Zustand ganz planmäßig und zweckgebunden herbeigeführt wurde, wie eben bei einem Steak.
Der einzige Trost bei diesem Irrsinn ist: Demnächst wird sie in der Schulkantine kein (scharfes) Messer mehr brauchen. Wenn sich die Umsetzung von Demolition Man weiterhin so planmäßig entwickelt, gehört Fleisch in Schulkantinen und allgemein auf Speiseplänen genauso wie Salz u.v.m. bald der schmählichen Vergangenheit an.
Oh, Mann!
Deutschunterricht. Pflichtlektüre. Nicht jedermanns Sache.
Arg strapaziert davon scheint jene Person gewesen zu sein, die ein altes (bzw. schon leicht verblasstes) Anti-Atom-Graffito ummünzte zu:
"CASTORP TÖTET"
Erholung aus der Fussnote
Verfasst von asynchron unter Linke unter sich, Politix am 2007/12/01
Es begann mit einem ziemlich fürchterlichen Artikel bei Telepolis, der sich damit befasste, wie ach-so-politisch-unkorrekt doch die viereckigen Woll-Baumwollschals aus dem nahen Osten sind.
Nachdem zuletzt Nieten aller Orten und ein annähernd punkiger Look bei H&M zu haben war, empfinde ich es eigentlich nur als logischen nächsten Schritt, auch noch das Palituch qua Annexion durch den modischen Mainstream jeglicher anderer Assoziationen zu berauben. Den kurzlebigen Trends eine tiefere innewohnende Bedeutung oder seismographische Fähigkeiten zuzuschreiben, hieße meiner Meinung nach, den profit- und hypegeilen Mode- und Magazinmachern weitaus zuviel zuzutrauen.
Zudem ist es ja auch ein reichlich pubertärer Gedanke, anzunehmen, dass das Tragen von Kleidungsstücken den Träger zu irgendwas macht. Die Idee wird zwar noch von vielen verfochten, aber letztlich macht ein Dirndl keine CSUlerin und ein Pali weder Freischärler, Antisemit noch Stadtguerilla.
Im Forum unterm Artikel fand ich dann aber ein Statement, das mir einfach gut gefiel:
Diese kritiklose Solidarität-mit-Israel-Schiene der Antideutschen ist allein schon Grund genug, mit einem Palituch herumzulaufen, wenn man unter Linken ist.
Und irgendwo kommt mir hinter diesen Kulissen immer wieder die Frage, ob das an der verdammten basisdemokratisch- emanzipatorischen Grundidee liegt, dass sich die Linken – subjektiv wahrgenommen – immer wieder in Grabenkämpfe zerteilen und destruktiv ablehnen, was nicht 100% ihrer Doktrin entspricht; oder ob das bei den Rechten genauso zersplittert zugeht und da alle hierarchischen Strukturen nix fruchten.
Die Welt …
… sei auch so schlecht geworden, stossseufzte schon vor Jahren ein lieber Bekannter, und meinte damals schon die Zeitung, nicht den Globus.
Was würde er denn mittlerweile dazu sagen?
(Wiedermal via Fefe, vielleicht sollte ich mal früher aufstehen *g*)
OffTopic:
aSyNchron productions proudly present: 100ster Post in diesem irrelevanten Blögchen
Überwachung für Jeden, Teil 2
Verfasst von asynchron unter Terror, Überwachung am 2007/11/20
Ich sollt doch wieder öfter die heise-News lesen, dann würd ich nicht erst durch Fefe auf die Sachen stoßen …
Jedenfalls, bei der Geschichte um die umfassende und heimliche Überwachung einer kleinen Punkband (sorry, ist nicht bös gemeint), gibt es neue Details. Wie nachzulesen ist, wird jetzt nicht mehr nur die Band überwacht, nein, man hat mal kurzerhand die Wohnung (!) des hinzugezogenen Rechtsanwalts (!) durchsucht. Beschlagnahmt sei nichts und auch insgesamt sei nur oberflächlich herumgesucht worden.
Es gibt dann dazu noch eine Presseerklärung, die zwar nicht so wirklich auf einen Zusammenhang mit der Punkband hindeutet, aber ein paar andere nette Details aufweist. So ist zum ersten die Durchsuchung der privaten Räume des Anwalts auch angesichts des (angeblichen?) Durchsuchungsgrundes eher albern.
Mehr Schauer über den Rücken jagen einem aber zwei andere Punkte:
So heißt es, am privaten Rechner, der am Wochenende auch dienstlich genutzt wird, seien "Manipulationen" vorgenommen worden. – Wie war nochmal die Idee, den Bundestrojaner zu platzieren, falls man durch Firewalls und social engineering nicht von außen drankäme? Eindringen und aufspielen?
Neben der Wohnung wurde auch die Kanzlei durchsucht, und danach (oder seitdem?) kommt es "im Bereich der Telekommunikationssysteme" zu "Unregelmäßigkeiten", und so "besteht Anlass zur Besorgnis, dass StA […] eine rechts- und verfassungswidrige Telekommunikationsüberwachung (Telefon, Mobilfunk, Internet, E-Mail) durchführen lässt, um die Tätigkeit der Kanzlei […] und ihrer Mandantschaft auszuspionieren."
Da geht ’s nicht um eine kleine Klitsche mit zweifelhaftem Geschäftsbereich, da geht es um einen zugelassenen Anwalt und seine Kanzlei!
Mir fehlen echt die Worte, um das noch zu kommentieren.
Überwachung für Jeden!
Verfasst von asynchron unter Terror, Überwachung am 2007/11/16
Diverse Überwachungen noch und nöcher mal ohne und immer wieder auch gern mit StaSi-Methoden ergießen sich ja schon seit einiger Zeit über Soziologen, Journalisten, sogar größere Anstalten wie den Spiegel (dem das allerdings egal war) und sämtliche Kontaktpersonen – zu dieser Verdachtsfindung ist ja schließlich auch die neue Vorratsdatenspeicherung da.
Via Fefe stieß ich aber bei Heise auf ein Dings, das setzt dem jetzt schon noch eins drauf. Immerhin haben sie da nicht gleich den 129a ausgepackt, aber heftig genug ist es doch. Da gibt es also die (Punk-)Band "Mono für alle" aus Gießen, die haben paar originelle Texte verfasst, deren auch irgendwann ein Polizist gewahr wurde, und dem war das nicht geheuer. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart wittert denn auch gleich eine Anleitung zu Straftaten. Nunja gut, bis hierher hatte man das alles schon mal.
Mir persönlich nicht nachvollziehbar und auch wirklich innovativ ist dann aber, die Sache dem örtlichen Staatsschutz zu übergeben. Der hat dann alles mögliche observiert, von Internetauftritt bis Veranstaltungslocations und kam schon nach acht Monaten auf die Idee, von der Internetadresse auf den Mieter der Domain zu kommen. Nach der erfolgreichen "Whois"-Abfrage ging das das Bespitzeln als Usual weiter, Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis observiert etc. pp.
Bis dahin allerdings hielt man seitens des Staatsschutzes die Band für "extrem konspirativ", da keine Hinweise auf die Identitäten der Bandmitglieder auszumachen seien – hiermit nominiere ich Mono für Alle für den Jahrespreis des Vereins der Anonymen Weltstars, Beweis wie geschildert.
Musik indizieren, Tonträger beschlagnahmen, kennt man alles, ist alles ggf. diskutierbar, aber irgendwie auch zu ertragen. Eine Band aufgrund ihrer Texte zu bespitzeln, heimlich auszuforschen und sämtliche Hintergrundinformationen einzuholen, das erschließt eine Qualität, die nach was ganz anderem schmeckt. Mich schaudert ’s.
Wenn die Daten Trauer tragen
Verfasst von asynchron unter Politix, Terror, Überwachung am 2007/11/11
So, nach dem heiteren Moment eben jetzt wieder in die mehr als harte Wirklichkeit.
Zum Beschluss der Aushöhlung der Grundrechte und insbes. Art. 10:
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (R.I.P.)
am letzten Freitag wurde inzwischen schon genug geschrieben. Ich bin jetzt mal so frech und picke mir nur die Rosinen heraus, die mir in den letzten Tage noch besonders gefallen haben. Ansonsten bleibt der Trauerflor über dem Blog liegen, vllt. kommt noch die oder der ein oder andere zur AK Vorratsdatenspeicherung, der noch nicht seine Unterschrift zur Verfassungsklage abgegeben hat.
vielerorts gefunden: Die namentliche Liste der Abstimmung, wer hat wie?
Keiner ist mehr wählbar, vergesst alle Taktiken @ Citronengras.de
Im ganz ähnlichen Tenor: Wer meine Stimme haben will, soll sich jetzt bewerben @ anmut und demut
Schöne Todesanzeige und langer Artikel von Kai Raven
Und am Rande des Themas, der Polylux-Beitrag über Andrej H. und seine Lebensgefährtin Anna (die das annalist.noblogs.org schreibt) (via Fefe)