Archiv für Kategorie HartzIV
Verdächtig
Telepolis setzt die Artikelreihe fort.
Die Möglichkeiten der umgekehrten Beweislast muss man sich mal ganz schonungslos klarmachen. Im Zuge der Gleichberechtigung bzw. Gleichbehandlung auch gleichgeschlechtlicher Partnerschaften muss bei umgekehrter Beweislast also bei allen Zusammenlebenden von einer eäG ausgegangen werden.
Die Lebensform Wohngemeinschaft wird damit faktisch schon mal abgeschafft.
Originell wird es da, wo man sich ganz hypothetisch ausmalt, was in 3er oder 4er Wohngemeinschaften alles an Unterstellungen auftauchen kann. Die ménage à trois oder quattre ist dabei noch fast harmlos. Ein verzweifeltes Aufstöhnen befürchtete letztens, dann würde einem glatt noch Professionalität unterstellt und man müsste ein Gewerbe anmelden. Mit Abschaffung der Ich-AG bietet das nicht einmal mehr Perspektiven.
Zuguterletzt, und das ist nicht mal mehr neu geschweigedenn irgendwo unbemerkt geblieben, hat aber nichts von seiner Tragweite verloren:
Weder das Vorhandensein noch das Nichtvorhandensein einer eäG sind irgendwie beweisbar. Mit der Beweislastumkehr, die ja auch eine Abschaffung der Unschuldsvermutung darstellt, wurde der schwarze Peter, mit einer nicht beweisbaren Unterstellung dazustehen, nur von den Ämtern, pardon, Agenturen zu den Leistungsempfängern verschoben. Ein Schelm, der Schlechtes dabei denkt.
Sozial schwächer gestellt
Sozial schwächer gestellt
In vielen aktuellen Debatten und Diskussionen ist immer wieder von "sozial schwächer Gestellten" die Rede. Das hat inzwischen jeder so akzeptiert und offenbar kaum einer je hinterfragt.
Ist das denn die Möglichkeit?
Es weiß doch auch jeder, was damit gemeint ist: Nämlich Menschen/Familien, die finanziell schwächer dastehen.
Diese Kind aber nicht beim Namen zu nennen, sondern sich auf "sozial schwächer Gestellte" herauszureden ist so daneben, dass es an Dummdreistigkeit grenzt.
Sämtliche Definitionen von "sozial" beziehen das Finanzielle ausdrücklich nicht mit ein (nachgeschaut habe ich jetzt nur zur Sicherheit 😉 ).
Obwohl, mit viel viel Bitterkeit vielleicht doch. Der zweite Punkt von Wikipedias Definitionen, "rechtlich", beinhaltet folgenden Satz:
Dem zu Folge hat jeder Mensch in Deutschland (…) einen Grundanspruch darauf, dass sich der Staat um ihn (in äußerster Not) kümmert.
Damit wären die sozial schwächer Gestellten diejenigen, um die sich der Staat nicht mehr richtig kümmert … gar nicht so weit hergeholt, fürchte ich.
Aber von dem Exkurs mal wieder weg. Wie kommt es bloß zu diesem Un-Begriff, der so völlig am Kern der Sache vorbeigeht und gleichzeitig so völlig in die falsche Richtung zeigt? Der einen fast annehmen lässt, Mangel an Geldmitteln könne nur denen zustoßen, von denen sich jeder gern distanziert, dem Pöbel und der Plebs, die nicht nur finanziell minderbemittelt ist, sondern eben auch – sozial?
Ist das einfach nur dummdeutsch, das sich eingebürgert hat?
Oder ein gezielter Euphemismus, um die Armut nicht in den Mund nehmen und dabei auch gleich noch zugeben zu müssen, dass heute keiner mehr davon gefeit ist?
Der nächste Link
Schon wieder Telepolis – das scheint eine interessante Artikelreihe zu werden.
Nur ein Link
Verfasst von asynchron unter Arbeit - Geißel der Menschheit, HartzIV, Link am 2006/06/17
bleibt mir heute übrig:
Unschlagbar passender Artikel bei Telepolis
(war ich wohl nicht schnell genug 😉 )
Irrwitzige Aktualität gewinnt in dem Zusammenhang wieder ein Zitat von Tolstoi, das mir zugegebenermaßen schon lange gut gefallen hat:
Man sagt, dass die Arbeit den Menschen gut mache; doch ich habe immer das Gegenteil beobachtet. Arbeit und der Stolz auf sie machen (…) den Menschen grausam. Die Arbeit ist nicht nur keine Tugend, sondern in unserer falsch organisierten Gesellschaft meist ein Mittel, das sittliche Empfinden zu töten.
Gemeinschaftsdienst als Pflicht
Verfasst von asynchron unter Arbeit - Geißel der Menschheit, HartzIV, Politix am 2006/06/14
Schon Sommerloch? Oder WM-Loch?
Damit preschte heute der junge Stefan Müller (CSU) vor. Spontane Assoziationen im Stile von Sommerloch oder Erinnerungen an saisonal ähnlich gelagerte Einlagen seines Parteikollegen Söder sind nur zufällig. Ironischerweise sitzt unser Volksvertreter auch noch im Ausschuss für Arbeit und Soziales. Vielleicht hat er das beim Interview gegenüber der „Bild“-Zeitung auch nur verschwitzt (beim dem Wetter wäre das kein Wunder), oder aber er wollte sich (vermeintlich) volksnah geben.
Müller stellt sich das mit dem Gemeinschaftsdienst so vor, dass sich jeder H4-Empfänger morgens bei einer Behörde meldet, und dann Arbeit für den Tag zugeteilt bekommt. Wer da nicht mitmacht, dem werde das Geld „empfindlich“ gekürzt. Natürlich hat Herr Müller dabei auch nur das Wohl der Leistungsempfänger im Sinn: Sie fühlen sich nicht mehr überflüssig und gewöhnen sich „wieder“ (?) ans Arbeiten. Und schwarzarbeiten können sie auch gleich nicht mehr, wenn sie acht Stunden jeden Werktag den Dienst an der Gemeinschaft ableisten, um ihren Lebensunterhalt zu rechtfertigen.
Ob eine amtliche Verpflichtung zum Arbeitsdienst der richtige Weg ist, eine Zufriedenheit mit sich und seiner Leistung herzustellen? Ob das die Art und Weise ist, wie sich diejenigen, die der Arbeitsmarkt nicht haben will, gewürdigt wissen wollen?
Außerdem stimmt das Bild bedenklich, das der Erklärung offenbar zugrunde liegt: Erwerbslose haben keinen geregelten Tagesablauf, und wenn sie doch etwas sinnvolles tun, dann ist es Schwarzarbeit.
Wie war die Idee mit der Fussfessel doch noch?
Bleibt zu hoffen, dass die Welle der Empörung, die sich stellenweise berichtet wurde, nicht mit dem Sommerwetter verschwindet und dem jungen Abgeordneten die Bedeutung seines Ausschusses bald offenbar wird.