Freiheit, die sich in Rauch auflöst


Da drückt sie dann also, die Freiheit, die einem genommen werden soll.

So sehr ich dem Artikel der Netzeitung von Herzen zustimme.
So impertinent ich es finde, wie auch da die persönliche Freiheit des Einzelnen beschnitten werden soll unter einem sei er noch so wohlgemeinten Vorwand (was kann schon ein Nichtraucher beurteilen, ob rauchen die Fahrtüchtigkeit mehr oder weniger beeinträchtigt als ein aufkommender Nikotinentzug?).
So abartig ich die aufkommenden Schlammschlachten zwischen Rauchern und Nichtrauchern finde – mir wäre zuletzt fast um ein Haar von ganz alleine die Lust am Rauchen vergangen. Ich machte Mitte Februar die zweite Schachtel des Jahres auf, früher konnte mir abends schon mal die zweite Schachte (BigPack!) des Tages passieren. Ich habe sie gerochen, die Raucher, die eine Schwade von Restrauch in den Bus mitbringen, die Haare und Klamotten von Rauchern. Und kalten Rauch mochte/mag ich nicht mal als aktiver Raucher –
Aber wenn ein Nichtraucher die Militanz aufbringt, sich drüber zu mokieren, dass unter freiem Himmel vor ihm ein Raucher geht, dann, lieber Mitmensch, dann schätze Dich glücklich, keine anderen Probleme zu haben.
So lange die westliche eine in Alkohol getränkte Gesellschaft ist, ist auch das letzte Argument gegen die freie Entscheidung des Einzelnen, sich zu schädigen oder nicht: Die Kostenbelastung für die gemeinschaftlich bezahlte Krankenversorgung, tja die ist dann leider auch dahin, denn Alkohol kostet die unsolidarische Gemeinschaft ungleich mehr, und allgemeine Alkoholverbote hat sich noch keiner getraut, zu verlangen.

So sehr ich also den Grundtenor des Artikels unterstütze und mich über die prominente Platzierung an 2. Stelle amüsiere und auch freue – so sehr entsetzt mich das Aufbegehren gegen diesen doch immer noch harmlosen Einschnitt angesichts des Schweigens einem viel größeren gegenüber.

Verbietet man das Rauchen komplett, es ist doch eh keiner mehr unschuldig. Von dem, was im Garten und Wald wächst, darf man ohnehin schon das wenigste essen oder rauchen. 1000€ für die Ordnungswidrigkeit, da fällt die Wahl schwer, rauch ich dafür eine im Bus oder melde ich meinen Fernseher ab ohne ihn zu entsorgen? Ob der "Vater" Staat (dem hätte mal eine Therapie in jungen Jahren gut zu Gesicht gestanden, der wird ganz schön schrullig mit dem Alter!) mir einer weitere Art der Lebensgestaltung untersagen will oder nicht – bestenfalls gibt ’s endlich mal zivilen Ungehorsam.

Aber an ganz anderer Stelle wird die Unverletzlichkeit der Wohnung, die der Autor des Kampfaufrufs zum Rauchen noch als Schutzwall gegen die Regulierungswut der Regierenden beschwört, durch die kleine Buchse ausgehöhlt, da wünschen sich (pathologisch paranoide? man möcht ’s fast annehmen) Kriminaler heimliche Online-Durchsuchungen von Internetrechnern, globale Sammeldateien biometrischer Merkmale, während Totalüberwachung per Kamera, Handyortung, Kennzeichenerfassung und und und schon Realität sind – und keiner erhebt die Stimme.
Liegt ’s daran, dass da keiner an irgendwas gehindert wird, zumindest nicht direkt, oder an der Nichts-zu-verbergen-Mentalität, an der selbstredend weißen eigenen Weste (die man sich so schön denkt und doch gar nicht hat), am Splitter im Auge des Nachbarn?

Wann gibt es eine Kampfschrift für die Unschuldsvermutung, für die Privatsphäre im Internet, für die Einsicht, dass Prohibition ungleich Prävention ist?

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