Archive for September, 2009

Rückschritt

Eine Zeit lang waren die Gerichte im Kampf der Arbeitslosen gegen die Schikanen der ARGEn ja auf Seiten der Vernunft, aber das scheint sich gerade geändert zu haben. Von gleich zwei in der Hinsicht beunruhigenden Urteilen ist in der Netzeitung zu lesen.

Das eine entscheidet, dass es bei längerer Arbeitslosigkeit grundsätzlich von Vorteil sei, wenn "überhaupt irgendeine Art von Arbeit" getan werde, egal ob das was mit dem gelernten Beruf zu tun habe oder nicht. "Halt ’s Maul, ich schick dich arbeiten, wohin ich will, und wenn du nicht spurst, streich ich dir die Kohle", damit darf der Sachbearbeiter sich jetzt endgültig im Recht fühlen.

Das zweite ist noch beunruhigender. Bislang wurde von vielen engagierten privaten Ratgebern oder auch Initiativen (Tacheles usw.) der Standpunkt vertreten, eine Eingliederungsvereinbarung sei ein zweiseitiger Vertrag, in den sich der Arbeitslose einbringen können muss. Ein Zwang zur sofortigen Unterschrift als auch das Beharren eines Sachbearbeiters auf sinnlosen Maßnahmen müsse nicht hingenommen werden, mit Fingerspitzengefühl könne man da erbaulicheres herausverhandeln. Und vor allem eben: Eine Selbstverpflichtung zu unterschreiben ohne eigene Bedingungen eingebracht haben zu können, habe mit Vertragsfreiheit nichts zu tun.

Das Bundessozialgericht selbst hat diese Auffassung jetzt aber gekippt: "Nur das Jobcenter treffe die Entscheidung, welcher genaue Verfahrensweg für die gewünschte Eingliederung des Arbeitslosen erforderlich sei, entschied das Gericht. […] Die Behörde könne nach dem Gesetz das Verwaltungsverfahren selbst gestalten. Hartz-IV-Bezieher hätten dabei keinen Rechtsanspruch auf Mitsprache."

Mich graust es.

Ich frage mich, was das gekostet hat, diese Urteile fällen zu lassen.

Und ich denke wehmütig an Zeiten, in denen Sätze wie "Die Würde des Menschen ist unantastbar" noch irgendeinen Wert hatten.

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A.C.A.B.

Im Nachhall des Polizeiübergriffs nach der FSA09 rauscht es ein wenig im Web. Natürlich kommen da die alten und berechtigten Forderungen wieder hoch, dass die Einsatzkräfte identifizierbar sein müssen. Und erfreulicherweise hat das Video eine unerwartet große Öffentlichkeit erreicht, auch international. Das passt auch so schön zu dem Lebensgefühl, wir haben Wahlbeobachter im Land und auf der ganzen Welt sieht man, wie unsere Exekutive Demokraten verprügelt. Richtig wohlig.

Schön eklig ist dafür, was von der anderen Seite der Absperrzäune im Web mitzukriegen ist. Der Name eines gewissen Forums war mir ohnehin schon irgendwie geläufig, jetzt wurde mal eine Melange zusammengestellt aus den "schönsten" Beiträgen, die die "Freunde und Helfer" da so abgelassen haben. Man lese dort, mir ist das zu widerwärtig, um es hier wiedergeben zu wollen.

Was mich jetzt wieder zum Selbstbloggen treibt, ist ein Kommentar unter dem Beitrag. Der gute nennt sich totalerscheiss, hat auch ein eigenes Blog und scheint eigentlich ganz ok zu sein, und kommentiert bei der Melange unter anderem:

ich habe nichts gegen die Polizei im Allgemeinen und schätze mal, dass selbst die ACAB-Sticker-Fraktion bei einem Angriff auf Eigentum oder körperliche Unversehrtheit nicht unglücklich ist, einen der Grünen/Blauen in der Nähe zu haben

Nun. Wer mich kennt, weiß dass ich meine Gründe habe, warum das bei mir absolut nicht der Fall sein wird. Ein einziges Mal brachte ich die Naivität auf, zu glauben, es mache einen Unterschied, ob man sie bestellt oder ob sie einen antreffen. Es war ein Irrtum. Nie, nie, nie mehr wieder werde ich auf die Idee kommen, die Rennleitung hinzuzuziehen, und wenn die Situation noch so scharfkantig wird.

Knochen heilen wieder zusammen, ich hab keine Angst vor der Option, dass ich Blessuren davontrage – und keine Hoffnung, dass das ein Polizist verhindern könnte. Eigentum ist ersetzlich. Sollte ich mich selbst zur Wehr setzen können, ist das durch Notwehr-Regelungen gedeckt.

Was aber, wenn man sich drauf verlässt, dass einem die Freunde helfen?

Da stehen dann ein paar schlecht ausgebildete, ideologisch auf Linie gebrachte, viel zu junge Spünde vor einem herum, halten sich an der Dienstwaffe fest, können einem rethorisch gar nicht folgen und behandeln einen bei egal welchem Problem wie die hochalkoholisierte verprügelte Ehefrau des klischeeübertriebensten Unterschichtehepaars (Männlein wie Weiblein sind da gleichermaßen gemeint, es geht um die Rolle, die einem die Leute da suggerieren). Und am Schluss, wenn sich die Situation schon vor Eintreffen der Sportgruppe beruhigt hat, dann kommen sie dem Hilfesuchenden noch doof und versuchen dem was anzuhängen. Ganz großes Tennis.

Nein, danke. A.C.A.B. (*) und haben was mich betrifft ein Annäherungsverbot auf mindestens 5m an meine Person.

(*) Und selbst auf die Tatsache hin, dass ich schon direkt nette Leute kennengelernt habe, bei denen sich erst später rausstellte, was sie so beruflich machen, ist mir einfach von vornherein suspekt, wer soviel Rechtspositivismus an den Tag legt, dass er in diesen Dienst eintritt. Mag die natürliche Abstoßungsreaktion von Anarchisten sein, whatever, ich kann sowas beim besten Willen nicht nachvollziehen und die Gedankengänge, die einen dahin führen könnten, jagen mir Schauer über den Rücken.

Und jeder, der sich für die Laufbahn entscheidet, kann sich minimal vorstellen, was auf ihn zukommt, sieht man ja oft genug im Fernsehen. Ich hab da kein Verständnis, kein Mitleid für Cops. Wenn dann so oft rumgeheult wird, die seien doch auch Menschen und blabla – die sind aber an ihrem Job selbst schuld. Und wenn sie damit so gefrustet sind, dass sie grundlos Leute schikanieren müssen, dann kann ich das nicht nachfühlen, dann gibt es da nichts zu rechtfertigen, dann muss da nur eins passieren, achtkantig und ohne Pensionsansprüche rausschmeißen.

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Auch Du, meine c’t!

Jetzt  hat ’s mir grade einen wunderschönen Flame auf ’s Energiesparlampenbashing vernichtet, ich hasse das Internet -.-

Anyway, nachdem ich heute zur FSA09 leider verhindert war, blieb mir nur, in Ruhe die c’t vom kommenden Montag durchzuschmökern. Und obwohl ich Editorials im Allgemeinen und das der c’t grundsätzlich sehr schätze, blieb mir heute fast der Rauch im Halse stecken. Selbst die c’t oder zumindest der diesmalige Autor des Editorials entblödet sich nicht, in den Reigen derer einzusteigen, die vermeinen, beim Gebrauch von Energiesparlampen wahlweise zu kaltes, zu funzeliges oder gar flimmerndes Licht zu bemerken. Ich hab da schon vor neun Monaten herzlich drüber geschimpft, aber dass jetzt auch noch die c’t … ich bin erschüttert.

Jedenfalls hätte ich meinen Spaß daran, die Energiesparlampen-Hasser mal zu mir einzuladen und nach einem gemütlichen Abend weit nach Einbruch der Dunkelheit das Thema ganz scheinheilig auf Glühbirnen zu lenken. Das Geräusch der am Boden aufschlagenden Kinnladen wenn ich meine gemütlich schummrige Wohnungsbeleuchtung als komplett mit Energiesparlampen realisiert oute, wäre mir ein Fest.

Salvatorische Klausel: Dabei gebe ich offen zu, dass ein paar der billigsten Lämpchen aus dem Elchmöbelhaus mit der Zeit einen Dieselcharakter entwickeln und ihre ganze Leuchtkraft erst nach ein paar Minuten vorglühen entwickeln, beliebige Baumarktleuchten zeigen diesen Effekt aber schon nicht mehr. Über die Farbtemperatur kann ich mich nach wie vor auch nicht im Geringsten beklagen und dass die Dinger nun angeblich flimmern würden – ich sehe am CRT den Unterschied zwischen 75 und 100 Hertz spontan (auch wenn gutes LSD noch eine bessere Farbauflösung hergibt, aber das ist ein anderes Thema), aber bei meinen Lämpchen kann ich selbst angesichts einer lapprigen 50er-Jahre-Elektroinstallation mit eingebauter Brummschleife kein Flimmern erkennen …

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Auch Du, meine c’t!

Jetzt  hat ’s mir grade einen wunderschönen Flame auf ’s Energiesparlampenbashing vernichtet, ich hasse das Internet -.-

Anyway, nachdem ich heute zur FSA09 leider verhindert war, blieb mir nur, in Ruhe die c’t vom kommenden Montag durchzuschmökern. Und obwohl ich Editorials im Allgemeinen und das der c’t grundsätzlich sehr schätze, blieb mir heute fast der Rauch im Halse stecken. Selbst die c’t oder zumindest der diesmalige Autor des Editorials entblödet sich nicht, in den Reigen derer einzusteigen, die vermeinen, beim Gebrauch von Energiesparlampen wahlweise zu kaltes, zu funzeliges oder gar flimmerndes Licht zu bemerken. Ich hab da schon vor neun Monaten herzlich drüber geschimpft, aber dass jetzt auch noch die c’t … ich bin erschüttert.

Jedenfalls hätte ich meinen Spaß daran, die Energiesparlampen-Hasser mal zu mir einzuladen und nach einem gemütlichen Abend weit nach Einbruch der Dunkelheit das Thema ganz scheinheilig auf Glühbirnen zu lenken. Das Geräusch der am Boden aufschlagenden Kinnladen wenn ich meine gemütlich schummrige Wohnungsbeleuchtung als komplett mit Energiesparlampen realisiert oute, wäre mir ein Fest.

Salvatorische Klausel: Dabei gebe ich offen zu, dass ein paar der billigsten Lämpchen aus dem Elchmöbelhaus mit der Zeit einen Dieselcharakter entwickeln und ihre ganze Leuchtkraft erst nach ein paar Minuten vorglühen entwickeln, beliebige Baumarktleuchten zeigen diesen Effekt aber schon nicht mehr. Über die Farbtemperatur kann ich mich nach wie vor auch nicht im Geringsten beklagen und dass die Dinger nun angeblich flimmern würden – ich sehe am CRT den Unterschied zwischen 75 und 100 Hertz spontan (auch wenn gutes LSD noch eine bessere Farbauflösung hergibt, aber das ist ein anderes Thema), aber bei meinen Lämpchen kann ich selbst angesichts einer lapprigen 50er-Jahre-Elektroinstallation mit eingebauter Brummschleife kein Flimmern erkennen …

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Ät hoom in mei illusioon

Man möge mir den schmählich schlechten Reim verzeihen, da wirkt wohl das Vorgängerblogpost noch nach …

Ich muss nur mal kurz kotzen. Derzeit ereilt mich das gängige Schicksal all derer, die in Ballungsräumen nach menschenwürdigem und bezahlbaren Wohnraum suchen (bislang konnte ich derartiges durch den ein oder anderen Schachzug noch umschiffen…). Da ich an meinem liebevoll gepflegten studentischen Status durch meine angeborene Arbeitsscheu und anderes noch hänge und auch sonst nicht mit golfclubtauglichem Auftreten blende, erweist sich das nochmal als schwieriger.

Aber wo ich wirklich Knochen kotzen muss, ist die Engstirnigkeit respektive Blindheit, mit der einen Vermieter bzw. deren Makler als vertrauensunwürdig abtun, wenn man eben keinen Ordner mit Gehaltszetteln auf den Tisch knallen kann.

Dass ich mir jemanden für eventuelle Mietausfälle als Bürgen beschafft hab, das sollte dann doch wohl mal reichen. Letztens kam mir dann aber ein Maklerbüro mit der Forderung daher, dass auch noch jeder geplante Bewohner in den Mietvertrag müsse.
*öhm* *kopfkratz*

Das ist doch überhaupt nicht üblich. Und was versprechen die sich davon? Welcher Illusion von Sicherheit hängen die da nach?
Wenn ohnehin alle pleite und Mietnomaden sind, dann juckt es die vermeintlichen Preller einen feuchten Dreck, ob sie nun im Vertrag sind oder nicht.
Wenn es zudem um die Bonität so übel bestellt wäre, wie da unterstellt wurde, nützt es auch nix mehr, wenn zig Einzelpersonen im Vertrag sind.
Wenn hingegen ein Mietinteressent ausreichende Mittel hat, ist es doch auch wieder völlig Latte, ob da noch mehr Personen im Mietvertrag sind oder nicht, solang der Mieter zahlen kann und das auch tut.

Überhaupt frag ich mich, was Berufskinder machen, die lediglich das Erbe durchbringen oder dessen Zinsen verwalten – die können ja auch nicht mit Lohnzetteln wedeln. Nach Depotauszügen hab ich aber auch noch niemanden fragen hören …

Verständnis dafür, dass die Mietsache pfleglich behandelt werden und auch die Miete wie geplant bezahlt werden können soll, das hab ich ja. Aber blindlings nach einem kleinstkarierten Schema F vorzugehen, ohne ein Jota Phantasie oder wenigstens Aufgeschlossenheit aufzubringen, da träumt mir von Besetzungen, besser noch Enteignungen.

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10 Silben

Depression ist meine Homezone

(sprachlich bisschen ein Bastard, aber was tut man nicht alles für den Reim)

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Also was ist das denn?

Seit 12 Minuten schau ich einen Dokumentarfilm auf 3sat, der da heißt "Eure Kinder werden so wie wir". Im Videotext angekündigt als Dokumentarfilm von 2007 über G8 in Heiligendamm und einen Castor-Transport von November 2006.

Seit 12 Minuten ist in dem Film kein einziges Wort gefallen, er wird beherrscht von ziemlich unterbelichteten Bildern aus Wäldern und von einer Wiese, auf der man die Frösche quaken hört und schemenhaft vermutlich Einsatzkräfte mit ihren Hunden mit Taschenlampen rumlaufen ahnt.

Schon der Titel stellt mich vor ein Rätsel, wer sind die angesprochenen, wer sind "wir"?
Ist das die Ankündigung der Demonstranten an die Einsatzkräfte, die Gesellschaft werde sich wandeln und ihre eigenen Kinder werden ihnen dereinst der Vorwurf machen, warum sie nichts dagegen getan haben sondern noch die Veranstaltungen beschützt haben?
Oder ist das die Siegesgewissheit des personifizierten Staates, der den Demonstranten prophezeit, ihr Engagement werde verpuffen und in ein paar Jahren werden alle zur Vernunft gekommen sein?

Minute 16: Schauplatz jetzt vermutlich (anhand des Zauns identifiziert) Heiligendamm – vereinzelte Polizisten auf Wiesen mit Ferngläsern, ein einsames geruhsam grasendes Pferd, 2 große grüne und eine kleine schwarze Fliege auf einem Pfederapfel.

Ich hab schon vor 10 Minuten vor dem Film kapituliert, der einfach schlicht überhaupt keine Aussage macht, noch nicht mal seinen Titel erklärt. (*)

Minute 22: Vorbeifahrt an grünen Alleebäumen sowohl mit Blättern als auch mit Schutzausrüstung. Wie gehabt kommentarlos.

Das einzig Lehrreiche ist, dass eine reine Bilddokumentation für alle Zwecke gebraucht werden kann – wer das allerdings noch nicht wußte, hat auch ein bemerkenswertes Mass Naivität am Start. Die Bilder würden in die Mainstreammedien genauso passen wie nach Indymedia, wirken aber in ihren nicht mittig gehaltenen Einstellungen eher wie ein missglückter Versuch, Filmkunst zu machen. Ansonsten nichts, was der geneigte Zuschauer nicht schon exakt oder annähernd so nicht schon 1000x anderswo gesehen hätte, durchsetzt von reizenden Naturaufnahmen.

Letztlich bin ich ziemlich entrüstet, dass jemand sowas als Dokumentarfilm anbietet, und darüber hinaus, dass dann auch noch Sendezeit dafür geopfert wird.

(*) Das muss ich revidieren: Minute 25 löst auf: Es handelt sich um einen Sprechchor von Demonstranten angesichts eines Wasserwerfereinsatzes.

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