… zum schon althergebrachten Kommentar bzgl. der Erziehung von Kindern mit oder ohne Gewalt – "Mir hat ’s auch nicht geschadet" – scheint jetzt das nächste Bashing aufzukommen.
Beim Shopblogger als Kommentar #2 steht da von einer gewissen Julia Seeliger:
Aber diese Behauptungen, man könne sich von Hartz-IV gar nichts mehr kaufen, geht mir langsam auf den Geist. […] Bevor hier über neoliberale Leute oder so hergezogen wird (nämlich über mich): Ich bin selbst mit sehr wenig Geld aufgewachsen, viel weniger als Hartz-IV-Kindersatz. Für meine Mutter war das nicht schön, wir Kinder haben nix gemerkt.
Jetzt hat die Guteste sogar ein eigenes Blog und wirkt mal so reingelesen noch gar nicht mal so verkehrt. Das Geblubber über HartzIV krieg ich aber trotzdem nicht auf die Reihe und zudem wirkt einiges doch arg naiv für jemanden mit abgeschlossenem Studium in "technical journalism" und noch dazu Politikerfahrung (laut "about Julia").
Meinen zwei Stammgästen ist meine Meinung bzgl. HartzIV wohl geläufig, für alle anderen in aller Kürze:
HartzIV ist eine enorme Fehlentwicklung und ein Rückschritt hinter bereits erreichte Arbeitnehmerrechte und solidarische Errungenschaften sondergleichen. Das fängt bei den menschenverachtend niedrigen Regelsätzen an – da lege ich doch allen Interessierten Nahe, mal nach "HartzIV regelsatz aufschlüsselung" zu scrooglen oder sich meine erst- und zweitbeste Fundstelle/2. Fundstelle anzuschauen und sich zu überlegen, wie hoch die eigenen regelmäßigen Ausgaben pro Sparte so sind bzw. was das eine oder andere realistisch betrachtet eigentlich tatsächlich kostet -, geht bei den hinten und vorne nicht ausgereiften Gesetzesnormen weiter und hört bei den Maßnahmen zum Statistikenbeschönen nicht auf. Von den ganzen Erpressungen noch ganz abgesehen. Da wird de facto Sklaverei betrieben, wenn sich keiner mehr dagegen wehren darf, für eine läppische so genannte Aufwandsentschädigung, die den Aufwand oft genug nicht mal abdeckt, Arbeiten zu verrichten, die früher regulär Beschäftigte geleistet haben [dazu ist mir ein Fall persönlich bekannt, wo soundsoviele 1-Euro-Stellen eingerichtet wurden – kurz vorher wurde die gleiche Zahl regulärer Stellen abgebaut, ein weiteres Beispiel wo die Verdrängung normaler Arbeit durch 1-Euro-Jobber zumindest vermutet wird, stand letztens in der Frankfurter Rundschau]; da wird der abgewrackte Arbeitsmarkt auf dem Rücken derer ausgetragen, die per Zwang eine "Eingliederungsvereinbarung" unterzeichnen mussten, sich zu soundsovielen Bewerbungen pro Woche/Monat verpflichtet haben, deren Kosten dann wiedermal nicht übernommen werden und von irgendeinem Bestandteil aus dem Regelsatz abgeknappst werden müssen.
Sogar Julia Seeliger wunderte sich doch ein wenig, warum ein HartzIV-ler nicht mehr Freizügigkeit genießt, sondern sich Ortsabwesenheit vom Personal Case Manager genehmigen lassen muss. Dabei leuchtet einem das doch direkt noch ein, mit dem Geld kann man gar nicht herumreisen, wenn das einer doch will, muss sowieso was faul sein …
Wenn dann obendrein noch gut abgesicherte Leute vom Lohnabstandsgebot faseln und dabei nicht etwa eine Erhöhung der mindestens angebrachten Grund-Sätze im Sinn haben sondern eher eine noch weitere Absenkung des Zugemuteten, hört sich jedes Verständnis bei mir auf.
Ich könnte jetzt auch guten Gewissens, so wie Julia, in mein Blog schreiben, im Prinzip ist HartzIV eine gute und richtige Sache und dann Kritikpunkte aufzählen, wo noch etwas nachgebessert gehört. Letztlich bleibt der Ansatz der Gesetzgebung aber eine Ausgeburt einer menschenverachtenden und rechteignorierenden Grundhaltung und die Korrektur zu einer menschenwürdigen Unterstützung wäre so weitreichend und vor allem auch vom dahinterstehenden Grundgedanken so weit entfernt, dass ich es eben doch nicht tun kann.
Ansonsten empfehle ich Julias Blogbeitrag – und vor allem die Kommentare drunter, da muss ich hier nicht alles wiederkäuen und für meins ausgeben …
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Im alten Blog antwortete Julia:
du kannst dir noch sachen kaufen. das kulturelle existenzminimum ist das nicht. hartz-iv muss auf 420 euro erhöht werden, und zwar, weil es gerecht ist.
aber die behauptung, man könne davon nicht "überleben", das ist einfach unsinn, und dabei bleibe ich.
julia seeliger